813-Carte-Blanche: Roland Pooth
DAS MESSER AM UFER
(RIVER’S EDGE)
USA 1986 – DF – 99 Min. – 35mm
Regie Tim Hunter
Buch Neal Jimenez
Kamera Frederick Elmes – Musik Jürgen Knieper
Mit Crispin Glover, Keanu Reeves, Ione Skye, Joshua John Miller

White Trash Americana: Mit siebzehn haben sie keine Träume mehr, Matt, Layne, Clarissa und all die anderen. Sie wissen nicht, was sie tun. Ihr Elternhaus ist der Vorhof zur Hölle, ihr Alltag ein Albtraum, ihre Zukunft ein Witz. Die Chance, die ihnen bleibt, ist die Auflehnung im Kleinen, deshalb kultivieren sie ihre eigene Subkultur. Ein Auto, das lauter dröhnt; Kleider, die verrückter aussehen; Sprüche, die tough klingen; Aktionen, die provozieren und schockieren sollen; Drogen, ein bisschen Sex. Was verfügbar ist, vibriert. Eines Tages bricht dann der Damm.

Tim Hunter inszeniert das, ohne dass psychologische Motive das Geschehen bändigen, ohne dass ein moralischer Blick es erläutert oder mildert. Er filmt ohne Schutz. Das verdoppelt die Wirkung. Hinter der Gleichgültigkeit wird die Verzweiflung sichtbar, das Desolate, das Depressive. Etwas manieriert dagegen: die Parallelmontage am Ende, die zur Einheit fügt, was nicht zusammengehört.

RIVER’S EDGE hat keine Entwicklungsgeschichte, Hunter interessiert nicht der Konflikt zwischen den Generationen. In und zwischen seinen Bildern soll ein Lebensgefühl zum Ausdruck kommen, das genereller gilt. Dennis Hopper tritt als älter gewordene Variante seiner früheren Rebellen auf, so als seien Nicholas Rays Bandenjungen oder die easy riders noch immer nicht zur Ruhe gekommen. Seine Rollengeschichte als Schauspieler zwischen diesen Jahren spiegelt den Niedergang der US-Kultur. Das gibt dem Film ein ungewohntes Sentiment.