Allgemein Filmszene Aktuell

„In der Schwebe“ – der Kurzfilmtag 2023 in Köln

Der 21. Dezember ist der kürzeste Tag des Jahres. Seit 2012 wird dieser Tag mit Kurzfilmprogrammen überall in Deutschland begangen. Auch der MDR zeigte unter dem Motto „Kurz & gut“ eine Selektion an Shorts in der Nacht vom 20. auf den 21. Dezember. Herzstück sind jedoch die Programme vor Ort, in Köln traditionell im Filmforum im Museum Ludwig – so auch dieses Jahr.

Von 19 bis 21.30 Uhr werden dort sechs Arbeiten von Studierenden der ifs Internationale Filmschule Köln und der Kunsthochschule für Medien KHM gezeigt. Die Filmschaffenden sind nach den Screenings für ein Publikumsgespräch vor Ort. Die Moderation des Abends übernimmt Sandra Riedmaier vom Kurzfilmfestival Köln. Das diesjährige Motto des Kurzfilmtages lautet „In der Schwebe“, weshalb es in Shorts um Zustände der Unsicherheit, Fragen der Identität und Reisen ins Ungewisse geht.

So beschäftigt sich die Experimental-Doku Herkules (2023) von Nils Ramme und Felix Bartke mit Definitionen von Männlichkeit, wobei Bezugspunkte zu Cruiser (2022) des Regieduos deutlich werden. Herkules war auch beim KHM-Rundgang 2023 zu sehen. Ebenfalls experimentell ist Vospominaniya (2023) von ifs-Student Ivan Kolesov, in dem sich Erinnerungen auflösen und den Erzähler, der sich nur noch anhand von Beweismitteln in Form von Fotographien orientieren kann, in einem Schwebezustand hinterlassen.

Der KHM-Film Flut (2023) von Almourad Aldeeb arbeitet die Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 dokumentarisch auf, bei der 130 Menschen starben, unzählige weitere verletzt wurden oder ihr Heim verloren. Im Mittelpunkt des Films steht der aus Syrien stammende Abdo, für den dies nicht die erste miterlebte Katastrophe ist.

Filmstill aus dem ifs-Kurzfilm „Cello“ (2023)

Bei anderen drei Arbeiten handelt es sich um Spielfilme. Dazu gehört der ifs-Short Schichtwechsel (2023) über zwei Straßenreiniger. Der eine ein Solitär, der den anderen urplötzlich als Vorgesetzten bekommt und nicht bereit ist, seine Arbeitsweise umzustellen, ist es doch eine Erschütterung seiner gewohnten Arbeitsstruktur. Ebenfalls von der ifs kommt der mehrfach ausgezeichnete Cello (2023), der sich um eine multikulturelle Gruppen Flüchtender an Bord eines Kleinbusses im Jahr 1992 dreht. Das titelgebende Instrument und sein entsprechend großer Koffer stoßen Konflikte auf dem beengten Raum an. Den Abschluss des Abends macht der KHM-Spielfilm Zwei Riesen, die es hier gibt – Ein deutsches Märchen (2022). Angelehnt an „Hänsel & Gretel“ von den Gebrüdern Grimm werden Märchenmotive mit Ansichten der rechtsgerichteten spirituellen Bewegung gegenübergestellt, die vor allem während der Corona-Pandemie in Deutschland Zulauf erhielt. Wie führt der Glaube an Fabelwesen zum Glauben an die Weltverschwörung? Ist der vermeintlich harmlose Spiritualismus nicht bloß Deckmantel und Feigenblatt für rechte Ideologie?

Ab 19 Uhr kann man diese sechs Arbeiten im Filmforum im Museum Ludwig begutachten und mit den Filmschaffenden dahinter in Dialog treten. Der Eintritt ist frei.

Nils Bothmann

Titelbild: Still aus dem KHM-Spielfilm
Zwei Riesen, die es hier gibt – Ein deutsches Märchen (2022).

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