Filmszene Aktuell

Gegen König Fußball: Die Kölner Kino Nächte 2024

Sommer 2024: Ganz Deutschland klebt mit den Augen an den Übertragungen der Fußball-EM an den Bildschirmen und Public-Viewing-Leinwänden fest. Ganz Deutschland? Nein, ein cineastisch begeisterter Teil der Kölner Einwohner geht lieber ins Lichtspielhaus, angesichts der Kölner Kino Nächte 2024. Diese finden in diesem Jahr zum insgesamt 16. Mal statt, werden aber erstmals von Kinoaktiv veranstaltet, dem Zusammenschluss der filmkulturellen Szene Kölns. Von Donnerstag, den 27. Juni, bis Sonntag, den 30. Juni, werden 45 Filme an 13 verschiedenen Spielorten gezeigt.

NRW-Premiere für Cuckoo von KHM-Absolvent Tilman Singer (Copyright: Weltkino Filmverleih)

Darunter sind einige Filme, die erst in den nächsten Wochen regulär in die Kinos kommen. Beispielsweise der Mystery-Thriller Cuckoo (2024) von Tilman Singer. Der Leipziger Regisseur hatte mit seinem Spielfilmdebüt Luz (2018) internationale Aufmerksamkeit erregt und konnte Cuckoo als US-deutsche Co-Produktion drehen, deren Hauptrollen mit Euphoria-Star Hunter Schafer, der genreerfahrenen Jessica Henwick (Underwater, 2020; Love and Monsters, 2020) und dem spielend zwischen Mainstream und Indie wechselnden Dan Stevens (The Guest, 2014; Godzilla x Kong: The New Empire, 2024) besetzt sind. Schafer spielt die Hauptfigur Gretchen, die bei einem Urlaub mit Vater und Stiefmutter in den deutschen Alpen horrible Dinge erlebt. Der Film wird im MAKK als Open-Air-Veranstaltung gezeigt und beginnt erst bei entsprechender Dunkelheit. Einlass ist ab 20:30 Uhr, der wahrscheinliche Filmbeginn gegen 22 Uhr (Freitag, 28. Juni).

zwei Kinos zeigen Love Lies Bleeding (2024), der am 18. Juli regulär startet, und bereits der Eröffnungsfilm der Fantasy Filmfest Nights 2024 war. Der in den 1980ern angesiedelte Neo-Noir erzählt von Liebe und Verbrechen. Lou, die Tochter eines Waffenhändlers in einer Kleinstadt, verliebt sich in die Bodybuilderin Jackie, doch das Pärchen wird auf der Suche nach Glück in kriminelles Treiben hineingezogen. Man kann den harten Thriller entweder am Freitag, den 28. Juni, um 21 Uhr im OFF Broadway sehen oder am Sonntag, den 30. Juni, um 20 Uhr im Cinenova.

Die französische Komödie Juliette im Frühling (2024) von Blandine Lenoir läuft ebenfalls regulär am 18. Juli an und ist ebenfalls vorab bei den Kölner Kinonächten zu sehen. Eine Kinderbuchillustratorin kehrt in ihre Heimat zurück, wo die geschiedenen Eltern, die ältere Schwester und die Großmutter verblieben sind, was zu Wiedersehen, Reibungen und scharfzüngigen Wortgefechten führt (Samstag, 29. Juni, 18 Uhr, Cinenova). Noch einen Neustart der nächsten Wochen ist in einer Sneak Preview am Freitag, den 28. Juni, um 21 Uhr im Odeon zu sehen.

Omen (Copyright: Grandfilm)

Hinzu kommen einige wohlgelittene, relativ aktuelle Titel, die man nochmal auf der Leinwand erleben kann. Etwa Poor Things (2023) von Yorgos Lathimos, der bei den diesjährigen Academy Awards vier Oscars absahnte, darunter den für Emma Stone als beste Hauptdarstellerin. In dieser Groteske nach Frankenstein-Motiven spielt sie die junge Frau Bella, der nach einem Selbstmord das Gehirn ihres ungeborenen Kindes eingesetzt wird. Die in Fischaugenoptik erzählte Satire ist nicht unumstritten, geht es doch unter anderem um weibliche Selbstermächtigung durch Sexarbeit, aber wer den Film (nochmal) im Großformat erleben will, der hat an diesem Wochenende Gelegenheit dazu als Open-Air-Screening (Samstag, 29. Juni, geplant für 22 Uhr, MAKK).

Die komplett dialogfreie, animierte Freundschaftsgeschichte Robot Dreams (2023) über einen Hund und seinen Roboter, die nicht nur auf dem Fantasy Filmfest 2023, sondern auch bei der Kritik für Begeisterung sorgte, gibt es ebenfalls zu sehen, ebenfalls Open Air im MAKK (Donnerstag, 27. Juni, geplant für 22 Uhr). Noch weiter vom Mainstream weg ist Omen (2023). Die internationale Co-Produktion erzählt von Koffi, der in Belgien lebt und dort heiraten möchte, aber zuerst in seine Heimat im Kongo zurückkehrt, um den Segen für die Vermählung abzuholen. Dabei treffen verschiedene Vorstellungen aufeinander, der verlorene Sohn kehrt aus dem aufgeklärten Westen in das Dorf in Afrika zurück, wo der (Aber-)Glaube noch eine große Rolle spielt (Sonntag, 30. Juni, 20:30 Uhr Turistarama).

Doch auf Filmgeschichte wird geboten. Etwa Der weiße Hai (1975), der nicht nur mehrere Generationen das Fürchten vor dem Wasser lernte, sondern auch den Sommerblockbuster aus der Taufe hob. Steven Spielbergs unverwüstliche, hochspannende Tierhorror-Blaupause mit unvergesslichem Soundtrack ist eines der Open-Air-Screenings dieses Jahr (Donnerstag, 27. Juni, 22:15 Uhr, Cinenova). Wesentlich weniger bekannt, aber deshalb nicht weniger lohnenswert ist Take Aim at the Police Van (1960) aus Japan. Ein Gefangentransport wird überfallen, zwei Häftlinge sterben, der verantwortliche Aufseher wird zeitweise suspendiert. Er ermittelt auf eigene Verantwortung, was hinter dem Verbrechen steckt (Donnerstag, 27. Juni, 18:30 Uhr, Japanisches Kulturinstitut). Ein moderner Klassiker dagegen ist City of God (2002): Die unter die Haut gehende Geschichte über Coming of Age, Armut und Ganggewalt aus Brasilien kann unter freiem Himmel auf Großleinwand bestaunt werden (Freitag, 28. Juni, 22:15 Uhr, Cinenova).

Sans Soleil – Unsichtbare Sonne (Copyright: Mubi)

Außerdem zeigen viele Kölner Institutionen wieder Flagge. Etwa der Verein Köln in Film, der Lichter der Stadt (2020) präsentiert. In dem One-Take-Film wandert Joscha durch das nächtliche Köln, kauft Drogen und hat immer wieder Begegnungen mit Bekanntschaften und Freund*innen (Freitag, 28. Juni, 20 Uhr, Filmpalette). Die ifs Internationale Filmschule Köln und Edimotion, das Festival für Filmschnitt und Montagekunst, halten im Rahmen der Kinonächte wieder eine ihrer ifs-Begegnungen Edimotion ab. Dieses Jahr läuft Sans Soleil – Unsichtbare Sonne (1983) von Chris Marker, den Gast Daniela Kinateder ausgewählt hat. Im anschließenden Filmgespräch wird die Editorin über den Schnitt der dokumentarischen Materialsammlung sprechen (Freitag, 28. Juni, 19 Uhr, Filmforum im Museum Ludwig). Das Kölner Kurzfilmfestival (KFFK) sorgt dagegen wieder mit der Kurzfilm-Radtour Shorts on Wheels für Sehgenuss und stramme Waden. Am Freitag, den 28. Juni, startet die Fahrt am Biergarten Brauwelt um 21:30 Uhr, von da an geht es durch die Stadt, während bei Zwischenhalten Mauern von Wänden zu Leinwänden werden, Beamer und Soundanlage sei Dank.

Das ist jedoch nur ein Teil des Programms, das wieder eine enorme Bandbreite von Interessen, Epochen, Formaten und Stilen abbildet. Alle weiteren Infos zu der diesjährigen Veranstaltung gibt es auf der Homepage der Kölner Kino Nächte.

Nils Bothmann

Veranstalter*innen..