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Zukunftsvisionen und Lektionen aus Vergangenheit und Gegenwart: Das Afrika Film Festival Köln 2022

Diese Ausgabe des Afrika Film Festivals Köln ist eine besondere: Das Filmfest kann sein 30-jähriges Bestehen feiern, mit der insgesamt 19. Ausgabe. Von Dienstag, den 13. September, bis Sonntag, den 25. September, können Besucher*innen sich mit afrikanischem Filmschaffen sowohl aus den Ländern des Kontinents als auch aus der Diaspora beschäftigen. Gezeigt werden sowohl aktuelle Titel als auch Klassiker, Hauptspielort ist das Filmforum im Museum Ludwig, doch es werden auch andere Locations bespielt, etwa für Schulvorführungen.

Eigentlicher Festivalstart ist der 15. September, doch schon zwei Tage zuvor wird in der Alten Feuerwache die Ausstellung „10 Views on Migration“ um 19 Uhr in Anwesenheit von Filmemacher und Fotograph Muhammed Lamin Jadama aus Gambia und Hildegard Kiel, Projekt-Kuratorin der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS), eröffnet. Da ein Film aus dem Sudan aufgrund der dortigen politischen Situation im Rahmen des mehrjährigen RLS-Projekts nicht realisiert werden konnte, sind es trotz des Titels nur zehn Kurzfilme, die von Migration und Fluchterfahrungen erzählen. Diese Shorts können in den folgenden Tagen jeweils von 15 bis 19 Uhr mit Kopfhörern an Tablets in der Alten Feuerwache angeschaut werden, während Roll-Ups weitere Informationen zu den Filmen und den Filmschaffenden dahinter liefern. Jadama drehte gemeinsam mit Vanessa Macedo den 17-Minüter Lutango (2019), englischer Titel: Stranger. Als Fremder fühlt sich Protagonist Muhammed überall auf der Welt: Vor zehn Jahren kam er nach Deutschland, gilt dort immer noch als Gast, der vielleicht irgendwann heimkehrt. Für Freunde und Familie in Senegambia ist er inzwischen Europäer. Mit Fotos beschreibt er seine Erfahrungen als Schwarzer auf der Flucht.

Neptune Frost

Der Eröffnungsfilm ist der 10-Minüter À Lucy (1993) aus Mauritius, der am Donnerstag in 18.30 Uhr in Anwesenheit von Festivalschirmherr Fradique im Filmforum im Museum Ludwig gezeigt wird. Fradique gehört zu den herausragenden Filmschaffenden den angolanischen Gegenwartskinos und legt mir Air Conditioner (2020) seinen ersten Spielfilm vor, mit dem er zum Film Festival Rotterdam und zur letztjährigen Ausgabe des Afrika Film Festival Köln eingeladen wurde. Auf À Lucy folgen erst Live-Musik von Sängerin Melane und Gitarristin Colin Laroche de Féline, ab 20.30 Uhr Tug of War (2021), der vor dem Hintergrund der Unabhängigkeitsbewegung gegen die britische Kolonialherrschaft auf der Insel Sansibar in den 1950ern spielt. In diesen turbulenten Zeiten verliebt sich die (zwangs)verheiratete, aus Indien stammende Yasmin in den Revolutionär Dengé aus dem Swahili-Viertel Stone Town.

Spätestens seit dem Marvel-Blockbuster Black Panther (2018) ist das Thema Afrofuturismus in aller Munde. Das diesjährige Festival widmet sich entsprechenden Zukunftsvisionen, die nicht aus Hollywood, sondern aus Afrika selbst stammen – und teilweise deutlich älter als die Comicverfilmung sind. Gleichzeitig verweisen die Festivalbeiträge, egal ob Klassiker oder neueren Datums, egal ob fiktional oder dokumentarisch, darauf, dass die Zukunft nur aus der Gegenwart bzw. der Geschichte heraus zu verstehen ist. So beschäftigt sich der Dokumentarfilm Marcher sur l’eau (2021) mit dem Klimawandel und dem daraus resultierenden Wassermangel in einer Gegend im Norden des Niger, der Spielfilm Konate’s Gift (1997) zeigt, wie traditionelle Medizin- und Verhütungsvorstellungen der AIDS-Epidemie Vorschub leisteten, während Neptune Frost (2021) erzählt von einem Aufstand gegen neokoloniale Strukturen in Burundi, der in einem Punkmusical mündet, in dem die Grenzen von Raum und Zeit verschwinden. Ein Kurzfilmprogramm mit dem Titel „Afrofuturismus“ bietet am Dienstag, den 20. September, mit Dark Matter (2021), Twice As Good (2021) und X Us (2021) Zukunftsvisionen mit Längen zwischen fünf und zehn Minuten.

Gravedigger’s Wife

Kurzes steht auch im Rahmen des Programmpunktes Diaspora Shorts, der wie schon 2021 von der Filmemacherin Nancy Mac Granaky-Quaye co-kuratiert wird, in diesem Jahr gemeinsam mit der freischaffenden Regisseurin und Schauspielerin Azizè Flittner. Zu den weiteren Gästen gehört unter anderem der Schauspieler Omar Abdi, der bei der Vorführung von The Gravedigger’s Wife (2021) am 24. September zu Gast sein wird, in dem er einer der Hauptdarsteller ist. Die hochgelobte Geschichte eines Totengräbers, der Geld für eine lebensrettende Operation für seine schwerkranke Frau auftreiben muss, war schon bei den Filmfestivals im Cannes und in Toronto zu sehen.

Am Ende der prall gefüllten Festivaltage steht die Abschlussvorstellung im Yuca Club Ehrenfeld. Dort werden zum einen die Publikumspreise in drei Kategorien (bester Spielfilm, bester Dokumentarfilm, bester Kurzfilm), zum anderen der Filmpreis Diversity verliehen. Ein Konzert der angolanischen Singer-Songwriterin Aline Frazão lässt die diesjährige Festivalausgabe schließlich ausklingen.

Alle weiteren Infos zum Programm, den Gästen und den Tickets gibt es auf der Homepage des Festivals.

Nils Bothmann

Veranstalter*innen..

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