Nach mehreren abgespeckten Corona-Jahrgängen kehrt das Fantasy Filmfest anno 2023 zu seiner gewohnten Drei-Event-Struktur zurück. Im Herbst findet das Hauptfestival statt, in der ersten Jahreshälfte gibt es zwei kleinere Veranstaltungen. Nach den zweitägigen Fantasy Filmfest White Nights im Februar finden vom 20. bis 23. April nun die Fantasy Filmfest Nights in der Residenz statt. 17 Beitrage laden zu einer filmischen Genreweltreise ein, die gewisse wiederkehrende Motive erkennen lassen, selbst wenn thematisch ähnliche Filme nicht als Double Feature hintereinander laufen.
Motiv Nr. 1: Die Eltern als Gefahrenquelle. In dem spanischen The Elderly (2022) muss eine Kleinfamilie den Großvater zu sich nehmen, nachdem die Großmutter Selbstmord begangen hat. Doch der alte Mann zeigt ein seltsames bis gefährliches Verhalten. Im US-amerikanischen Mother, May I? (2022) wird Protagonist Emmett noch aus dem Totenreich von seiner dominanten Mutter verfolgt. Eigentlich will er sich nach deren Dahinscheiden nur das Landhaus ansehen, das er geerbt hat und verkaufen möchte, doch die alte Dame ergreift aus dem Jenseits von seiner Verlobten Besitz, deren Wesen sich dadurch verändert – und zwar nicht zum Guten.
Ebenfalls für Freunde des gepflegten Psychothrills empfehlen sich die Beiträge zu Motiv Nr. 2: Heimkehr in die Fremde. Auch in diesen Filmen setzt der Tod eines Elternteils eine unheilvolle Ereigniskette in Gang. In dem tschechisch-slowakischen Nightsiren (2022) kommt eine Frau in ihr früheres Heimatdorf zurück, nachdem ihre Mutter verstorben ist. In der alten Heimat ist sie wenig willkommen, hat man hier noch quasi-mittelalterliche Ansichten inklusive Angst vor Hexerei. Schweden steuert mit Shadow Island (2022) das Gegenstück bei, in dem ein junger Mann nach dem Selbstmord seines Vaters dessen Spuren folgt und dabei auf der titelgebenden Insel landet, wo er ebenfalls auf seltsame Gestalten und seltsame Vorkommnisse stößt.
Motiv Nr. 3 dagegen ist eine Mischung stilistisch-filmischen und inhaltlichen Elementen: Reduktion und Einsamkeit. So kommt der australische Monolith (2022) mit einer einzigen Darstellerin aus. Lily Sullivan spielt eine geschasste Investigativjournalistin, die sich als Podcasterin versucht und dabei vermeintlich auf die Spur einer Alien-Verschwörung kommt. Der Film folgt ihr, beim Ermitteln, Sprechen und Empfangen von Tipps. Aus den USA stammt Skinamarink (2022), in dem das Publikum zwei jungen Geschwistern folgt, deren Gesichter nicht gezeigt werden. Diese wachen eines nachts auf und stellen Veränderungen im Haus fest fest: Vater weg, Türen weg, Fenster weg. Das Glotzen von Cartoons soll sie von der Einsamkeit und den seltsamen Umständen ablenken, doch es lauert noch etwas im dunklen Eigenheim.
Brachial dagegen kommt Motiv Nr. 4: Das Zersplattern von Nazis vor Zweiter-Weltkriegs-Kulisse. Aus Finnland stammt Sisu (2022). Ein Goldschürfer soll im Jahr 1944 von einer Nazi-Einheit auf dem Rückzug um seine Beute gebracht werden, doch der alte Finne erweist sich als Ex-Soldat, der keine Gnade kennt und mit allen Wassern gewaschen ist. Jalmari Helander (Rare Exports, 2010; Big Game, 2014) verantwortet die brachiale Mischung aus Action- und Splatterfilm, die auf den Spuren solch derber Reißer wie Punisher: War Zone (2008) und The Night Comes for Us (2017) wandert und am Mai in die deutschen Kinos kommt. Mit Blood & Gold (2023) erlebt ein deutscher Beitrag seine Premiere im Rahmen des Festivals: Hier sind es ein deutscher Deserteur, der gemeinsam mit einer Witwe und deren Bruder eine Nazi-Truppe dezimiert, die in einem Dorf nach einem Goldschatz sucht. Peter Thorwarth (Bang Boom Bang, 1999; Nicht mein Tag, 2014) arbeitete nach Blood Red Sky (2021) erneut mit Netflix zusammen, um deftiges deutsches Genrekino zu machen. Das Festival die Chance Blood & Gold auf großer Leinwand zu sehen, ehe im Stream ausgewertet wird.
Es gibt außerdem einige alte Bekannte. X (2022) von Ti West gehörte zu den beliebtesten Titeln der Fantasy Filmfest Nights 2022, im Folgejahr ist mit Pearl (2022) das Prequel zu dem Slasher zu sehen. Erneut mit Mia Goth in der Hauptrolle, die hier die Titelfigur in jungen Jahren verkörpert. Dorfpomeranze Pearl will den Ruhm im Scheinwerferlicht, koste es, was es wolle – zu diesem Zweck schwingt sie dann auch mal die Heugabel gegen Leute, die ihrem Traum im Weg stehen. Als Hauptdarsteller in Filmen wie Kill Zone SPL (2005), Ip Man (2008) oder Raging Fire (2021) ist auch Hongkong-Star Donnie Yen eine FFF-Konstante. Mit Sakra (2023) geht er bei den diesjährigen Nights als Regisseur und Hauptdarsteller an den Start, einem Wuxia-Kampfkunst-Epos. Inzwischen fast schon obligatorisch im FFF-Programm: Eine Komödie des französischen Regie-Exzentrikers Quentin Dupieux (Rubber, 2010; Eine Fliege kommt selten allein, 2022). Dieses Mal meldet er sich mit Smoking Causes Coughing (2023), einer Komödie über eine Spezialeinheit im Team America– und Thunderbirds-Look, die das Rauchen bekämpft und zur Teambuilding-Maßnahme von ihrem Chef, einer Plüschratte, in ein Ferienressort geschickt wird.
Personell eine neue Nummer, in Sachen Franchise dagegen Horror-Urgestein ist der Eröffnungsfilm Evil Dead Rise (2023). In dem Spin-Off tanzen die aus dem Necronomicon beschworenen Teufel nicht mehr in irgendwelchen Waldhütten, sondern in einem Apartmentkomplex. Altbekanntes neu aufbereitet liefert auch Talk to Me (2022). Denn junge Leute, die mit jenseitigen Erfahrungen experimentieren und dann heimgesucht werden, das ist ein Stoff den zwischen Flatliners (1990) und Ouija (2014) schon viele Filme aufbereitet haben. Hier versuchen sich die australischen Jungregisseure Danny und Michael Philippou, bekannt als YouTuber mit dem Kanal RackaRacka, an der Prämisse und versuchen ihr einen neuen Spin zu geben.
Vier Tage voller „Thriller, Horror, Sci-Fi & More“, wie das Festival sein Programm beschreibt. Für Fans verschiedener Spielarten des Genrekinos ist also erneut jede Menge dabei, um die Wartezeit bis zum Hauptfestival zu überbrücken, das in Köln vom 20 bis zum 27. September 2023 stattfindet.
Nach mehreren abgespeckten Corona-Jahrgängen kehrt das Fantasy Filmfest anno 2023 zu seiner gewohnten Drei-Event-Struktur zurück. Im Herbst findet das Hauptfestival statt, in der ersten Jahreshälfte gibt es zwei kleinere Veranstaltungen. Nach den zweitägigen Fantasy Filmfest White Nights im Februar finden vom 20. bis 23. April nun die Fantasy Filmfest Nights in der Residenz statt. 17 Beitrage laden zu einer filmischen Genreweltreise ein, die gewisse wiederkehrende Motive erkennen lassen, selbst wenn thematisch ähnliche Filme nicht als Double Feature hintereinander laufen.
Motiv Nr. 1: Die Eltern als Gefahrenquelle. In dem spanischen The Elderly (2022) muss eine Kleinfamilie den Großvater zu sich nehmen, nachdem die Großmutter Selbstmord begangen hat. Doch der alte Mann zeigt ein seltsames bis gefährliches Verhalten. Im US-amerikanischen Mother, May I? (2022) wird Protagonist Emmett noch aus dem Totenreich von seiner dominanten Mutter verfolgt. Eigentlich will er sich nach deren Dahinscheiden nur das Landhaus ansehen, das er geerbt hat und verkaufen möchte, doch die alte Dame ergreift aus dem Jenseits von seiner Verlobten Besitz, deren Wesen sich dadurch verändert – und zwar nicht zum Guten.
Ebenfalls für Freunde des gepflegten Psychothrills empfehlen sich die Beiträge zu Motiv Nr. 2: Heimkehr in die Fremde. Auch in diesen Filmen setzt der Tod eines Elternteils eine unheilvolle Ereigniskette in Gang. In dem tschechisch-slowakischen Nightsiren (2022) kommt eine Frau in ihr früheres Heimatdorf zurück, nachdem ihre Mutter verstorben ist. In der alten Heimat ist sie wenig willkommen, hat man hier noch quasi-mittelalterliche Ansichten inklusive Angst vor Hexerei. Schweden steuert mit Shadow Island (2022) das Gegenstück bei, in dem ein junger Mann nach dem Selbstmord seines Vaters dessen Spuren folgt und dabei auf der titelgebenden Insel landet, wo er ebenfalls auf seltsame Gestalten und seltsame Vorkommnisse stößt.
Motiv Nr. 3 dagegen ist eine Mischung stilistisch-filmischen und inhaltlichen Elementen: Reduktion und Einsamkeit. So kommt der australische Monolith (2022) mit einer einzigen Darstellerin aus. Lily Sullivan spielt eine geschasste Investigativjournalistin, die sich als Podcasterin versucht und dabei vermeintlich auf die Spur einer Alien-Verschwörung kommt. Der Film folgt ihr, beim Ermitteln, Sprechen und Empfangen von Tipps. Aus den USA stammt Skinamarink (2022), in dem das Publikum zwei jungen Geschwistern folgt, deren Gesichter nicht gezeigt werden. Diese wachen eines nachts auf und stellen Veränderungen im Haus fest fest: Vater weg, Türen weg, Fenster weg. Das Glotzen von Cartoons soll sie von der Einsamkeit und den seltsamen Umständen ablenken, doch es lauert noch etwas im dunklen Eigenheim.
Brachial dagegen kommt Motiv Nr. 4: Das Zersplattern von Nazis vor Zweiter-Weltkriegs-Kulisse. Aus Finnland stammt Sisu (2022). Ein Goldschürfer soll im Jahr 1944 von einer Nazi-Einheit auf dem Rückzug um seine Beute gebracht werden, doch der alte Finne erweist sich als Ex-Soldat, der keine Gnade kennt und mit allen Wassern gewaschen ist. Jalmari Helander (Rare Exports, 2010; Big Game, 2014) verantwortet die brachiale Mischung aus Action- und Splatterfilm, die auf den Spuren solch derber Reißer wie Punisher: War Zone (2008) und The Night Comes for Us (2017) wandert und am Mai in die deutschen Kinos kommt. Mit Blood & Gold (2023) erlebt ein deutscher Beitrag seine Premiere im Rahmen des Festivals: Hier sind es ein deutscher Deserteur, der gemeinsam mit einer Witwe und deren Bruder eine Nazi-Truppe dezimiert, die in einem Dorf nach einem Goldschatz sucht. Peter Thorwarth (Bang Boom Bang, 1999; Nicht mein Tag, 2014) arbeitete nach Blood Red Sky (2021) erneut mit Netflix zusammen, um deftiges deutsches Genrekino zu machen. Das Festival die Chance Blood & Gold auf großer Leinwand zu sehen, ehe im Stream ausgewertet wird.
Es gibt außerdem einige alte Bekannte. X (2022) von Ti West gehörte zu den beliebtesten Titeln der Fantasy Filmfest Nights 2022, im Folgejahr ist mit Pearl (2022) das Prequel zu dem Slasher zu sehen. Erneut mit Mia Goth in der Hauptrolle, die hier die Titelfigur in jungen Jahren verkörpert. Dorfpomeranze Pearl will den Ruhm im Scheinwerferlicht, koste es, was es wolle – zu diesem Zweck schwingt sie dann auch mal die Heugabel gegen Leute, die ihrem Traum im Weg stehen. Als Hauptdarsteller in Filmen wie Kill Zone SPL (2005), Ip Man (2008) oder Raging Fire (2021) ist auch Hongkong-Star Donnie Yen eine FFF-Konstante. Mit Sakra (2023) geht er bei den diesjährigen Nights als Regisseur und Hauptdarsteller an den Start, einem Wuxia-Kampfkunst-Epos. Inzwischen fast schon obligatorisch im FFF-Programm: Eine Komödie des französischen Regie-Exzentrikers Quentin Dupieux (Rubber, 2010; Eine Fliege kommt selten allein, 2022). Dieses Mal meldet er sich mit Smoking Causes Coughing (2023), einer Komödie über eine Spezialeinheit im Team America– und Thunderbirds-Look, die das Rauchen bekämpft und zur Teambuilding-Maßnahme von ihrem Chef, einer Plüschratte, in ein Ferienressort geschickt wird.
Personell eine neue Nummer, in Sachen Franchise dagegen Horror-Urgestein ist der Eröffnungsfilm Evil Dead Rise (2023). In dem Spin-Off tanzen die aus dem Necronomicon beschworenen Teufel nicht mehr in irgendwelchen Waldhütten, sondern in einem Apartmentkomplex. Altbekanntes neu aufbereitet liefert auch Talk to Me (2022). Denn junge Leute, die mit jenseitigen Erfahrungen experimentieren und dann heimgesucht werden, das ist ein Stoff den zwischen Flatliners (1990) und Ouija (2014) schon viele Filme aufbereitet haben. Hier versuchen sich die australischen Jungregisseure Danny und Michael Philippou, bekannt als YouTuber mit dem Kanal RackaRacka, an der Prämisse und versuchen ihr einen neuen Spin zu geben.
Vier Tage voller „Thriller, Horror, Sci-Fi & More“, wie das Festival sein Programm beschreibt. Für Fans verschiedener Spielarten des Genrekinos ist also erneut jede Menge dabei, um die Wartezeit bis zum Hauptfestival zu überbrücken, das in Köln vom 20 bis zum 27. September 2023 stattfindet.
Alle weiteren Infos zum Programm zum Ticketerwerb gibt es auf der Homepage des Festivals.
Nils Bothmann