Am Donnerstag startet mit dem Afrika Film Festival Köln eines der größten und aufwendigsten Festival-Events der Stadt, das bis zum 29. September herausragendes neues Kino nach Köln bringt. 75 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme aus 23 afrikanischen Ländern und der Diaspora sowie 30 internationale Gäste stehen im Programm, das im Filmforum im Museum Ludwig und anderen Locations gespielt wird. Das Festival, das sich in den letzten Jahren stark erweitert und inhaltlich entwickelt hat, wurde kürzlich als „Kulturereignis des Jahres “ ausgezeichnet. Dennoch ist die Finanzierung für die kommenden Jahre aktuell bedroht.
Das hochmotivierte junge Team um Festivalleiter Sebastian Fischer, der zusammen mit Esther Donkor, Nancy Mac Granaky-Quaye und sechs weiteren Teammitgliedern das diesjährige Programm entwickelt hat, treffe ich schon Anfang August im Büro des veranstaltenden FilmInitiativ e.V. in der Heidemannstraße in Ehrenfeld. Die wöchentliche Besprechung steht für die Programmplaner an. Eine Filterkaffeemaschine singt im Hintergrund ihr Lied, aber auch Gesprächsfetzen wichtiger Telefonate mit Gästen schallen aus dem angrenzenden Büroraum herüber.
Das Programmheft ist gerade in Druck gegangen, alle Filme und Gäste stehen schon fest, mehr als sechs Wochen vor dem Event. Viele davon stehen auch schon seit Monaten fest, und das keinesfalls zufällig. Denn die Hürden, die man als Festivalmacher zu nehmen hat, sind mitunter hoch und zuweilen hochpolitisch, sodass nur eine besonders sorgfältige und langfristige Planung helfen. Ein Problem dabei sind die Visa-Hürden für Gäste in den vergangenen Jahren geworden, die als Filmemacher oder Podiumsgäste aus Afrika nach Köln kommen wollen. „Die Chancen ein Visum zu bekommen, sind für junge Filmemacher, die noch nie in Europa waren, in den letzten Jahren gen Null gegangen“, sagt der Künstlerische Leiter Sebastian Fischer. Einige Botschaften verlangten nun etwa Nachweise über ein regelmäßiges Einkommen, und das ist bei jungen Regisseur*innen z. B. aus dem Senegal oft genauso wenig gegeben wie bei denen aus Kerpen bei Köln.
Teilweise erstrecken sich diese Visaverfahren über Monate, die Zusendung von Originaldokumenten wird nicht selten verlangt und so wird ein zehntägiges Filmprogramm mit 30 Gästen zu einer organisatorischen Mammutaufgabe, die nur mit viel Wissen, politischem Taktieren und viel Herzblut bewältigbar ist. Und so auch die Auswahl der Filme selbst: Die startet allerspätestens direkt nach der letzten Festivalausgabe. Das Team beginnt mit der Sichtung neuer interessanter Filme auf Festivals und durch Einreichungen. Allein über Online-Plattformen wie Filmfreeway erreichen das Afrika Film Festival hunderte. Wer sichtet diese vielen Stunden Film und wann? Es ist das kleine Team, das endlos viele Abende und Wochenenden damit verbringt. Manche schaffen es auch, einen Wochentag dafür kontinuierlich in ihrem Leben zu reservieren. „Ich bin dieses Jahr kein einziges Mal privat im Kino gewesen, weil ich durch das kontinuierliche Sichten für das Afrika Film Festival schon so gesättigt bin“, bekennt Sebastian.
Ohne diesen großen Einsatz persönlicher Lebenszeit ist ein Festival, das die umfassendste Präsentation der zeitgenössischen Filmkunst Afrikas in Deutschland bietet, wahrscheinlich nicht zu denken. Aber auch selbstkritische Gedanken treiben das Team dabei um: Kann man die filmische Bandbreite eines so gewaltigen Kontinents überhaupt in 10 Festivaltagen abbilden? Wenn ja, leidet die Qualität des Programms vielleicht darunter? Filmländer wie Algerien, Marokko und Tunesien haben sich in den vergangenen Jahren stark entwickelt, besonders auch im Dokumentarfilm-Segment, nicht zuletzt durch den Arabischen Frühling. Auch Südafrika war immer ein filmischer Ankerpol. Doch die Mitte des Kontinents kennt noch viele großartige Filmnationen, die gerade erst im entstehen, oder weitestgehend unbewirtschaftet sind, und die es zu entdecken gilt. Diese Entdeckungen will man beim Afrika Film Festival bieten.
Das Publikum ist eine weitere Unwägbarkeit. Nur weil man ein „Afrika Filmfestival“ ist, bedeutet das nicht automatisch, dass afrikanischstämmige Menschen sich für alle Filme dieses Festivals interessieren. Die Ghanaer interessieren sich nun mal besonders für Filme aus Ghana. So wie man bei einem fiktiven „Europa-Filmfestival“ Portugiesen besonders für Filme aus Portugal begeistern kann, und deutlich weniger für Produktionen aus der Schweiz.
Für die Gäste ist das Hallmackenreuther in der Innenstadt ein neuer Treffpunkt in diesem Jahr, in dem vormittags das Festivalteam anzutreffen ist und eine Interviewlounge bereitsteht. Schülervorstellungen werden in Erftstadt, Chorweiler und Wuppertal stattfinden. Ausgewählte Festivalfilme für das erwachsene Publikum werden in Münster, Brühl, Berlin, München, Stuttgart, Nürnberg, Oldenburg und Wuppertal zu sehen sein. Zum zweiten Mal wird ein VR-Programm realisiert, das in den Räumen der Stadtbibliothek zugänglich ist. Viele Neuerungen bereichern also zusehends den immer weiter wachsenden Festivalbetrieb, der mit dem Cologne Film Festival zu den größten in der Filmstadt Köln gehört.
Das Festival wurde 1992 von Christa Aretz und Karl Rössel aus der Taufe gehoben. Damals waren in Deutschland kaum Filme von Regisseur*innen aus Afrika zu sehen oder auch nur recherchierbar. Ein Besucher dieser ersten Ausgabe war Sawado Saga, der bei der Deutschen Welle ein Praktikum machte und anregte, dass die Kölner das Fespaco-Filmfestival in Ouagadougou in Burkina Faso besuchen müssten. Dort erlebten Christa und Karl im nächsten Jahr ein gewaltiges Publikumsevent, das 200 aktuelle Filme zeigte und viele Filmschaffende des Kontinents versammelte. Das wollten sie auch für Köln und kehrten mit vielen Ideen, Kontakten und Anregungen zurück und entwickelten mit einem wachsenden Team das Festival über die Jahre immer weiter. Mit großem Erfolg.
Die herausragende Arbeit der Veranstalter von FilmInititativ wurde vor wenigen Monaten mit der Auszeichnung als Kulturereignis des Jahres gewürdigt. Das Afrika Film Festival habe sich „sich zur umfassendsten Präsentation des aktuellen afrikanischen Filmschaffens in Deutschland entwickelt“, so die Jury des Kölner Kulturrats.
Das all diese Erfolge und die großartige Entwicklung mit einem neuen jungen Team aber keine Selbstverständlichkeit sind, zeigt die Sorge um die Zukunft, die die Festivalmacher aktuell haben. Finanziert wird das Festival durch Fördergelder, die FilmInitiativ Köln e.V. regelmäßig neu beantragen muss. Zusätzlich zur laufenden Festivalorganisation muss viel Zeit für Antragstellungen, Abrechnungen und Buchhaltung investiert werden. Ende des Jahres 2019 laufen allerdings wichtige Förderungen aus, die aufgrund eng gefasster Regularien nicht verlängert oder erneut beantragt werden können. Somit entsteht für das Afrika Film Festival Köln für die Jahre 2020 und 2021 eine erhebliche Finanzierungslücke, die sich auf die Qualität der Festivalprogramme in diesen Jahren auswirken wird, wenn sich keine weiteren Fördergelder finden lassen. Darum wurde gerade die Crowdfunding-Kampagne “AFFK 4.0: Was steht auf dem Spiel?” gestartet. Sie hat das Ziel, für die Festivals der Jahre 2020 und 2021 die insgesamt fehlende Summe von 40.000 Euro einzuwerben.
Am Donnerstag startet mit dem Afrika Film Festival Köln eines der größten und aufwendigsten Festival-Events der Stadt, das bis zum 29. September herausragendes neues Kino nach Köln bringt. 75 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme aus 23 afrikanischen Ländern und der Diaspora sowie 30 internationale Gäste stehen im Programm, das im Filmforum im Museum Ludwig und anderen Locations gespielt wird. Das Festival, das sich in den letzten Jahren stark erweitert und inhaltlich entwickelt hat, wurde kürzlich als „Kulturereignis des Jahres “ ausgezeichnet. Dennoch ist die Finanzierung für die kommenden Jahre aktuell bedroht.
Das hochmotivierte junge Team um Festivalleiter Sebastian Fischer, der zusammen mit Esther Donkor, Nancy Mac Granaky-Quaye und sechs weiteren Teammitgliedern das diesjährige Programm entwickelt hat, treffe ich schon Anfang August im Büro des veranstaltenden FilmInitiativ e.V. in der Heidemannstraße in Ehrenfeld. Die wöchentliche Besprechung steht für die Programmplaner an. Eine Filterkaffeemaschine singt im Hintergrund ihr Lied, aber auch Gesprächsfetzen wichtiger Telefonate mit Gästen schallen aus dem angrenzenden Büroraum herüber.
Das Programmheft ist gerade in Druck gegangen, alle Filme und Gäste stehen schon fest, mehr als sechs Wochen vor dem Event. Viele davon stehen auch schon seit Monaten fest, und das keinesfalls zufällig. Denn die Hürden, die man als Festivalmacher zu nehmen hat, sind mitunter hoch und zuweilen hochpolitisch, sodass nur eine besonders sorgfältige und langfristige Planung helfen. Ein Problem dabei sind die Visa-Hürden für Gäste in den vergangenen Jahren geworden, die als Filmemacher oder Podiumsgäste aus Afrika nach Köln kommen wollen. „Die Chancen ein Visum zu bekommen, sind für junge Filmemacher, die noch nie in Europa waren, in den letzten Jahren gen Null gegangen“, sagt der Künstlerische Leiter Sebastian Fischer. Einige Botschaften verlangten nun etwa Nachweise über ein regelmäßiges Einkommen, und das ist bei jungen Regisseur*innen z. B. aus dem Senegal oft genauso wenig gegeben wie bei denen aus Kerpen bei Köln.
Teilweise erstrecken sich diese Visaverfahren über Monate, die Zusendung von Originaldokumenten wird nicht selten verlangt und so wird ein zehntägiges Filmprogramm mit 30 Gästen zu einer organisatorischen Mammutaufgabe, die nur mit viel Wissen, politischem Taktieren und viel Herzblut bewältigbar ist. Und so auch die Auswahl der Filme selbst: Die startet allerspätestens direkt nach der letzten Festivalausgabe. Das Team beginnt mit der Sichtung neuer interessanter Filme auf Festivals und durch Einreichungen. Allein über Online-Plattformen wie Filmfreeway erreichen das Afrika Film Festival hunderte. Wer sichtet diese vielen Stunden Film und wann? Es ist das kleine Team, das endlos viele Abende und Wochenenden damit verbringt. Manche schaffen es auch, einen Wochentag dafür kontinuierlich in ihrem Leben zu reservieren. „Ich bin dieses Jahr kein einziges Mal privat im Kino gewesen, weil ich durch das kontinuierliche Sichten für das Afrika Film Festival schon so gesättigt bin“, bekennt Sebastian.
Ohne diesen großen Einsatz persönlicher Lebenszeit ist ein Festival, das die umfassendste Präsentation der zeitgenössischen Filmkunst Afrikas in Deutschland bietet, wahrscheinlich nicht zu denken. Aber auch selbstkritische Gedanken treiben das Team dabei um: Kann man die filmische Bandbreite eines so gewaltigen Kontinents überhaupt in 10 Festivaltagen abbilden? Wenn ja, leidet die Qualität des Programms vielleicht darunter? Filmländer wie Algerien, Marokko und Tunesien haben sich in den vergangenen Jahren stark entwickelt, besonders auch im Dokumentarfilm-Segment, nicht zuletzt durch den Arabischen Frühling. Auch Südafrika war immer ein filmischer Ankerpol. Doch die Mitte des Kontinents kennt noch viele großartige Filmnationen, die gerade erst im entstehen, oder weitestgehend unbewirtschaftet sind, und die es zu entdecken gilt. Diese Entdeckungen will man beim Afrika Film Festival bieten.
Das Publikum ist eine weitere Unwägbarkeit. Nur weil man ein „Afrika Filmfestival“ ist, bedeutet das nicht automatisch, dass afrikanischstämmige Menschen sich für alle Filme dieses Festivals interessieren. Die Ghanaer interessieren sich nun mal besonders für Filme aus Ghana. So wie man bei einem fiktiven „Europa-Filmfestival“ Portugiesen besonders für Filme aus Portugal begeistern kann, und deutlich weniger für Produktionen aus der Schweiz.
Für die Gäste ist das Hallmackenreuther in der Innenstadt ein neuer Treffpunkt in diesem Jahr, in dem vormittags das Festivalteam anzutreffen ist und eine Interviewlounge bereitsteht. Schülervorstellungen werden in Erftstadt, Chorweiler und Wuppertal stattfinden. Ausgewählte Festivalfilme für das erwachsene Publikum werden in Münster, Brühl, Berlin, München, Stuttgart, Nürnberg, Oldenburg und Wuppertal zu sehen sein. Zum zweiten Mal wird ein VR-Programm realisiert, das in den Räumen der Stadtbibliothek zugänglich ist. Viele Neuerungen bereichern also zusehends den immer weiter wachsenden Festivalbetrieb, der mit dem Cologne Film Festival zu den größten in der Filmstadt Köln gehört.
Das Festival wurde 1992 von Christa Aretz und Karl Rössel aus der Taufe gehoben. Damals waren in Deutschland kaum Filme von Regisseur*innen aus Afrika zu sehen oder auch nur recherchierbar. Ein Besucher dieser ersten Ausgabe war Sawado Saga, der bei der Deutschen Welle ein Praktikum machte und anregte, dass die Kölner das Fespaco-Filmfestival in Ouagadougou in Burkina Faso besuchen müssten. Dort erlebten Christa und Karl im nächsten Jahr ein gewaltiges Publikumsevent, das 200 aktuelle Filme zeigte und viele Filmschaffende des Kontinents versammelte. Das wollten sie auch für Köln und kehrten mit vielen Ideen, Kontakten und Anregungen zurück und entwickelten mit einem wachsenden Team das Festival über die Jahre immer weiter. Mit großem Erfolg.
Die herausragende Arbeit der Veranstalter von FilmInititativ wurde vor wenigen Monaten mit der Auszeichnung als Kulturereignis des Jahres gewürdigt. Das Afrika Film Festival habe sich „sich zur umfassendsten Präsentation des aktuellen afrikanischen Filmschaffens in Deutschland entwickelt“, so die Jury des Kölner Kulturrats.
Das all diese Erfolge und die großartige Entwicklung mit einem neuen jungen Team aber keine Selbstverständlichkeit sind, zeigt die Sorge um die Zukunft, die die Festivalmacher aktuell haben. Finanziert wird das Festival durch Fördergelder, die FilmInitiativ Köln e.V. regelmäßig neu beantragen muss. Zusätzlich zur laufenden Festivalorganisation muss viel Zeit für Antragstellungen, Abrechnungen und Buchhaltung investiert werden. Ende des Jahres 2019 laufen allerdings wichtige Förderungen aus, die aufgrund eng gefasster Regularien nicht verlängert oder erneut beantragt werden können. Somit entsteht für das Afrika Film Festival Köln für die Jahre 2020 und 2021 eine erhebliche Finanzierungslücke, die sich auf die Qualität der Festivalprogramme in diesen Jahren auswirken wird, wenn sich keine weiteren Fördergelder finden lassen. Darum wurde gerade die Crowdfunding-Kampagne “AFFK 4.0: Was steht auf dem Spiel?” gestartet. Sie hat das Ziel, für die Festivals der Jahre 2020 und 2021 die insgesamt fehlende Summe von 40.000 Euro einzuwerben.
Alle Infos zum Programm, Gästen, Filmen und Tickets auf:
www.afrikafilmfestivalkoeln.de
Interview und Fotos: Werner Busch
Titelbild: Szenenbild aus dem Eröffnungsfilm DHALINYARO von Regisseurin Lula Ali Isamïl
Alle weiteren Infos zum Crowdfunding auf Indiegogo.