Neue Seh- und Streaminggewohnheiten sind nicht nur für das Kino eine Herausforderung, sondern noch mehr für die Videotheken. Während in Köln fast alle anderen Einrichtungen dieser Art ausgestorben sind, hält die Traumathek als kleines gallisches Dorf die Fahne hoch. Als Programmvideothek ist nicht nur die Auswahl der Neuanschaffungen kuratiert, es gibt auch keinen Durchsatz wie bei herkömmlichen Videotheken: Was einmal in den Regalen steht, bleibt als Archivgut der Filmgeschichte dort. Um dem Schicksal anderer Videotheken zu entgehen, setzte die Traumathek schon früh auf andere Betätigungsfelder und wandelte sich mehr und mehr zu einem Kulturzentrum. 2014 wurde im vorderen Bereich ein Filmcafé eröffnet, 2016 der hintere Raum zu einem kleinen Kino umfunktioniert – dem Studio Argento. Schließlich gab ein Film des italienischen Horror-Maestros, „Trauma“ (1993), den entscheidenden Impuls bei der Benennung der Traumathek. Zu seinen Ehren sind auch die Wände in jedem Rot gestrichen, das seinem „Profondo Rosso“ (1974) den Namen gibt.
Im Studio Argento werden Lesungen (unter anderem von Christian Keßler, Marcus Stiglegger und Jörg Buttgereit) abgehalten, Künstler*innen treten auf – und natürlich werden vor allem Filme gezeigt. Vor Corona kam die Traumathek auf 70 bis 80 Screenings im Jahr, deren Programm auch den Geist der Programmvideothek widerspiegelt: Filmklassiker und Abseitiges, Arthousiges und Werkreihen zu Regisseuren wie John Carpenter und Takeshi Kitano finden sich im Programm, Alejandro Jodorowskys surrealer Experimental-Western „El Topo“ (1971) ebenso wie der Troma-Partytrash „The Toxic Avenger“ (1984). Schon seit 2018 ist das Filmarchiv Leo Schönecker mit im Boot, das auch in den nächsten Monaten Screenings in der Traumathek veranstaltet. Am 3. September wird der letzten Film aus Eric Rohmers Moralische-Erzählungen-Zyklus, „Liebe am Nachmittag“ (1972), gezeigt, am 8. Oktober John Hustons legendäre Dashiell-Hammett-Adaption „Der Malteser Falke“ (1941) und am 3. Dezember das japanische Brüder-Drama „Ugetsu – Erzählungen unter dem Regenmond“ (1953). Ebenfalls regelmäßig finden Screenings in der Reihe „Politischer Widerstand“ statt, meist Dokumentarfilme. Zu dieser Gattung zählt auch Tobias Frindts „Freie Räume – Die Geschichte der Jugendzentrumsbewegung“ (2019), der am 9. Oktober zu sehen ist.
In Zusammenarbeit mit kleineren Verleihern wie Drop-Out Cinema, Bildstörung und Rapid Eye Movies stellt die Traumathek zudem ein Programm an Filmen zusammen, die oft nur einen limitierten Kinostart haben, direkt für die Heimmedien veröffentlicht werden oder nur noch selten auf der großen Leinwand zu sehen sind. Etwa „Leon – Der Profi“ (1994) aus dem Gründungsjahr der Traumathek. Luc Bessons poetischer Actionthriller über die Freundschaft des titelgebenden Auftragsmörders (Jean Reno) zu der Nachbarstochter Mathilda (Natalie Portman) wird an zwei Terminen gezeigt, am 28. August und 1. September. Das kraftvolle Actiondrama, das Schießereien im John-Woo-Stil neben die Geschichte einer ungewöhnlichen Partnerschaft stellt, bedeutete die erste Filmrolle und gleichzeitig den Durchbruch für die damals 13 Jahre alte Natalie Portman. Ihre Rolle ist kontrovers: Ein Kind, das sich in die Hände eines Mörders begibt und sich zur Killerin ausbilden lässt, um Vergeltung für den Mord an ihren Eltern zu üben. Noch einmal weibliche Rache: In „The Nightingale“ (2018), der am 21. August gezeigt wird, verbindet „The Babadook“-Regisseurin Jennifer Kent Rape-Revenge-Thriller, Historienwestern und Sozialstudie zu einer filmischen Tour de Force: Nachdem sie missbraucht und ihre Familie ermordet wird, will die irische Strafgefangene Claire ihre Peiniger zur Strecke bringen. Doch bei ihrer Reise durch das Tasmanien des Jahres 1825 lernt sie nicht nur die Misogynie und den Rassismus der britischen Besatzer kennen, sondern muss feststellen, dass auch sie Rassismus und andere dunkle Seiten in sich trägt.
Aufgrund der aktuellen Hygiene- und Sicherheitsbestimmungen sind die Plätze je nach Veranstaltung auf 16 oder 20 begrenzt. Karten können im Voraus in der Traumathek gekauft oder verbindlich via E-Mail (info@traumathek.de) oder Telefon (0221-2404795) reserviert werden.
Das komplette Programm der nächsten Zeit, soweit es feststeht:
Freitag, 28. August, 20:30 Uhr:
Luc Besson, „Leon – Der Profi“ (Director’s Cut)
Dienstag, 1. September, 20:30 Uhr:
Luc Besson, „Leon – Der Profi“ (Director’s Cut)
Donnerstag, 3. September, 20:30 Uhr:
Eric Rohmer, „Liebe am Nachmittag“ (Filmarchiv Schönecker)
Freitag, 11. September, 20:30 Uhr:
Marcell Jankovics, „Fehérlófia – Sohn der weißen Stute“
Freitag, 25. September, 20:30 Uhr:
Macoto Tezuka, „The Legend of the Stardust Brothers“
Donnerstag, 8. Oktober, 20:00 Uhr:
John Huston, „Der Malteserfalke“ (Filmarchiv Schönecker)
Freitag, 9. Oktober, 20:30 Uhr:
Tobias Frindt, „Freie Räume – Die Geschichte der Jugendzentrumsbewegung“ (Reihe Politischer Widerstand)
Freitag, 16. Oktober, 20:30 Uhr:
Georgi Danelija, „Kin-Dza-Dza!“
Freitag, 23. Oktober, 20:30 Uhr:
Jim Jarmusch, „Stranger Than Paradise“
Freitag, 30. Oktober, 20:30 Uhr:
Mike Hodges, „Flash Gordon“
Donnerstag, 3. Dezember, 20:00 Uhr:
Kenji Mizoguchi, „Ugetsu – Erzählungen unter dem Regenmond“ (Filmarchiv Schönecker)
Weitere Infos zum Programm und zur Traumathek finden sich auf der Homepage.
Neue Seh- und Streaminggewohnheiten sind nicht nur für das Kino eine Herausforderung, sondern noch mehr für die Videotheken. Während in Köln fast alle anderen Einrichtungen dieser Art ausgestorben sind, hält die Traumathek als kleines gallisches Dorf die Fahne hoch. Als Programmvideothek ist nicht nur die Auswahl der Neuanschaffungen kuratiert, es gibt auch keinen Durchsatz wie bei herkömmlichen Videotheken: Was einmal in den Regalen steht, bleibt als Archivgut der Filmgeschichte dort. Um dem Schicksal anderer Videotheken zu entgehen, setzte die Traumathek schon früh auf andere Betätigungsfelder und wandelte sich mehr und mehr zu einem Kulturzentrum. 2014 wurde im vorderen Bereich ein Filmcafé eröffnet, 2016 der hintere Raum zu einem kleinen Kino umfunktioniert – dem Studio Argento. Schließlich gab ein Film des italienischen Horror-Maestros, „Trauma“ (1993), den entscheidenden Impuls bei der Benennung der Traumathek. Zu seinen Ehren sind auch die Wände in jedem Rot gestrichen, das seinem „Profondo Rosso“ (1974) den Namen gibt.
Im Studio Argento werden Lesungen (unter anderem von Christian Keßler, Marcus Stiglegger und Jörg Buttgereit) abgehalten, Künstler*innen treten auf – und natürlich werden vor allem Filme gezeigt. Vor Corona kam die Traumathek auf 70 bis 80 Screenings im Jahr, deren Programm auch den Geist der Programmvideothek widerspiegelt: Filmklassiker und Abseitiges, Arthousiges und Werkreihen zu Regisseuren wie John Carpenter und Takeshi Kitano finden sich im Programm, Alejandro Jodorowskys surrealer Experimental-Western „El Topo“ (1971) ebenso wie der Troma-Partytrash „The Toxic Avenger“ (1984). Schon seit 2018 ist das Filmarchiv Leo Schönecker mit im Boot, das auch in den nächsten Monaten Screenings in der Traumathek veranstaltet. Am 3. September wird der letzten Film aus Eric Rohmers Moralische-Erzählungen-Zyklus, „Liebe am Nachmittag“ (1972), gezeigt, am 8. Oktober John Hustons legendäre Dashiell-Hammett-Adaption „Der Malteser Falke“ (1941) und am 3. Dezember das japanische Brüder-Drama „Ugetsu – Erzählungen unter dem Regenmond“ (1953). Ebenfalls regelmäßig finden Screenings in der Reihe „Politischer Widerstand“ statt, meist Dokumentarfilme. Zu dieser Gattung zählt auch Tobias Frindts „Freie Räume – Die Geschichte der Jugendzentrumsbewegung“ (2019), der am 9. Oktober zu sehen ist.
In Zusammenarbeit mit kleineren Verleihern wie Drop-Out Cinema, Bildstörung und Rapid Eye Movies stellt die Traumathek zudem ein Programm an Filmen zusammen, die oft nur einen limitierten Kinostart haben, direkt für die Heimmedien veröffentlicht werden oder nur noch selten auf der großen Leinwand zu sehen sind. Etwa „Leon – Der Profi“ (1994) aus dem Gründungsjahr der Traumathek. Luc Bessons poetischer Actionthriller über die Freundschaft des titelgebenden Auftragsmörders (Jean Reno) zu der Nachbarstochter Mathilda (Natalie Portman) wird an zwei Terminen gezeigt, am 28. August und 1. September. Das kraftvolle Actiondrama, das Schießereien im John-Woo-Stil neben die Geschichte einer ungewöhnlichen Partnerschaft stellt, bedeutete die erste Filmrolle und gleichzeitig den Durchbruch für die damals 13 Jahre alte Natalie Portman. Ihre Rolle ist kontrovers: Ein Kind, das sich in die Hände eines Mörders begibt und sich zur Killerin ausbilden lässt, um Vergeltung für den Mord an ihren Eltern zu üben. Noch einmal weibliche Rache: In „The Nightingale“ (2018), der am 21. August gezeigt wird, verbindet „The Babadook“-Regisseurin Jennifer Kent Rape-Revenge-Thriller, Historienwestern und Sozialstudie zu einer filmischen Tour de Force: Nachdem sie missbraucht und ihre Familie ermordet wird, will die irische Strafgefangene Claire ihre Peiniger zur Strecke bringen. Doch bei ihrer Reise durch das Tasmanien des Jahres 1825 lernt sie nicht nur die Misogynie und den Rassismus der britischen Besatzer kennen, sondern muss feststellen, dass auch sie Rassismus und andere dunkle Seiten in sich trägt.
Aufgrund der aktuellen Hygiene- und Sicherheitsbestimmungen sind die Plätze je nach Veranstaltung auf 16 oder 20 begrenzt. Karten können im Voraus in der Traumathek gekauft oder verbindlich via E-Mail (info@traumathek.de) oder Telefon (0221-2404795) reserviert werden.
Das komplette Programm der nächsten Zeit, soweit es feststeht:
Freitag, 28. August, 20:30 Uhr:
Luc Besson, „Leon – Der Profi“ (Director’s Cut)
Dienstag, 1. September, 20:30 Uhr:
Luc Besson, „Leon – Der Profi“ (Director’s Cut)
Donnerstag, 3. September, 20:30 Uhr:
Eric Rohmer, „Liebe am Nachmittag“ (Filmarchiv Schönecker)
Freitag, 11. September, 20:30 Uhr:
Marcell Jankovics, „Fehérlófia – Sohn der weißen Stute“
Freitag, 25. September, 20:30 Uhr:
Macoto Tezuka, „The Legend of the Stardust Brothers“
Donnerstag, 8. Oktober, 20:00 Uhr:
John Huston, „Der Malteserfalke“ (Filmarchiv Schönecker)
Freitag, 9. Oktober, 20:30 Uhr:
Tobias Frindt, „Freie Räume – Die Geschichte der Jugendzentrumsbewegung“ (Reihe Politischer Widerstand)
Freitag, 16. Oktober, 20:30 Uhr:
Georgi Danelija, „Kin-Dza-Dza!“
Freitag, 23. Oktober, 20:30 Uhr:
Jim Jarmusch, „Stranger Than Paradise“
Freitag, 30. Oktober, 20:30 Uhr:
Mike Hodges, „Flash Gordon“
Donnerstag, 3. Dezember, 20:00 Uhr:
Kenji Mizoguchi, „Ugetsu – Erzählungen unter dem Regenmond“ (Filmarchiv Schönecker)
Weitere Infos zum Programm und zur Traumathek finden sich auf der Homepage.
Nils Bothmann