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„Kino on Demand“ – Die Synergie von Kino und Streaming

Nach über einem Jahr Pandemie und vielen Monaten, in denen die Kinos entweder geschlossen waren, weniger Zuschauer einlassen durften oder von manchen Menschen angesichts der aktuellen Lage gemieden wurden, standen vor allem Streamingdienste als Krisengewinner da. Manche Untergangspropheten raunten schon vom großen Kinosterben, doch der internationale Erfolg von Godzilla vs. Kong (2021) scheint zu zeigen, dass das Publikum immer noch großes Interesse am traditionellen Kinobesuch hat. Auch in Deutschland soll es ab 1. Juli wieder flächendeckend losgehen, in NRW können die Kinos schon diesen Monat bei Inzidenzen unter 100 aufmachen. Erste Kölner Betriebe wie die Lichtspiele Kalk haben schon Stichtage im Juni genannt.

Doch während das Verhältnis von Kino und Streaming meist als antagonistisch angesehen wird, versucht die Kölner Firma Rushlake Media mit „Kino on Demand“ diesen Graben zu schließen. „Kino on Demand“ bietet ein Streaming-Programm an, das von Kinos als Partner mit kuratiert wird. Bei den Kölner Partnern handelt es sich um das Weisshaus Kino, das OFF Broadway, der Filmpalast, die Residenz, der Cinedom, die Filmpalette, das Metropolis, das Cinenova und das Autokino Köln Porz, aus der Umgebung nehmen unter anderem das UCI Hürth und das Cineplex Bensberg teil. Wie Rushlake-Gründer Philipp Hoffmann in einem Interview erklärte, habe man festgestellt, dass Filminteressierte sowohl gerne streamen als auch Filme im Kino schauen, weshalb er keine Konkurrenz, sondern eine Synergie sieht.

Daher sucht sich jeder Nutzer und jede Nutzerin des 2016 gegründeten On-Demand-Portals sein oder ihr „Heimatkino“ aus und wird mit Gutscheinen für genau jenes Lichtspielhaus belohnt, wenn er oder sie „Kino on Demand“ regelmäßig benutzt. Man zahlt pro Film, es besteht keine Abopflicht. Ein Film kostet in der Regel 4,99 Euro, in manchen Fällen auch nur 3,99 Euro, und ist nach dem Buchen für 48 Stunden abrufbar. Als Zahlungsoptionen bietet der Service Kreditkarte, Paypal oder Lastschrift an; außerdem kann man Gutscheine verschenken, welche Codes enthalten, mit denen man Filme seiner Wahl sehen kann.

Das Programm umfasst dabei ein breites Angebot aus aller Herren Länder, meist im Low- bis Mid-Budget-Bereich. Die deutsche Bandbreite reicht vom hollywoodesken Flugzeugentführungsthriller 7500 (2019) über das für den Auslands-Oscar eingereichte Antifa-Drama Und morgen die ganze Welt (2020) bis hin zu der Fußballdoku Being Mario Götze (2018), aus dem europäischen Ausland sind unter anderem das Ehedrama I Am Love (2009) des Italieners Luca Guadagnino, die französische, bitterböse Gesellschaftsdemontage Elle (2016) des Niederländers Paul Verhoeven und die Serienkiller-Komödie Sightseers (2012) des Briten Ben Wheatly zu sehen. Das amerikanische Kino ist mit Werken wie der Neo-Noir-Actionkomödie The Nice Guys (2016), dem Escape-Room-Horrorfilm Follow Me (2020) und der Coming-of-Age-Comedy Booksmart (2019) vertreten. Auch einige Filme, die direkt als Videopremiere erschienen, darunter die Horrorkomödie Willy’s Wonderland (2021), das Big Lebowski-Spin-Off Jesus Rolls (2019) und der Actionthriller Code Ava – Trained to Kill (2020), befinden sich im Programm. Meistens handelt es sich um neuere Titel, es gibt aber auch ein paar Klassiker wie Das Boot (1981), Apocalypse Now (1979) und Terminator 2 – Tag der Abrechnung (1991) zu streamen.

The Nice Guys (Concorde)

Leider gilt es zwei Wehrmutstropfen zu verschmerzen. Nicht auf jedem Gerät laufen die Streams gleich gut; auf einem Laptop musste der Autor dieser Zeilen etwa die Bildqualität für einen ruckelfreien Stream deutlich herunterschalten. Zum anderen ist die Filmauswahl bisweilen etwas unübersichtlich. Denn die Gesamtliste lässt sich nur anzeigen, indem auf die Übersicht klickt, zum Ende scrollt und auf „Mehr Filme laden“ klickt, um sich bei jeder Wiederholung 24 weitere Titel anzeigen zu lassen, was angesichts des inzwischen umfangreichen Programms etwas enervierend ist.

Erfreulicherweise funktioniert die Suchfunktion, bei der man auch nach Beteiligten, Genres oder Stichworten suchen kann, hervorragend. Außerdem ist ein Teil der Filme in Kollektionen zusammengefasst. Manche davon auf etwas schwammige Weise inhaltlicher Natur, etwa „Menschen im Widerstand“, die unter anderem Oliver Stones Whistleblower-Biopic Snowden (2016), die Dokumentation Die rote Linie: Widerstand im Hambacher Forst (2019) und das DDR-Drama Das schweigende Klassenzimmer (2017) enthält. Deutlich sinniger sind da Kategorien wie „Onlinepremieren“ oder „Filme im Originalton“ – „Kino on Demand“ bietet einige Titel nämlich sowohl im O-Ton (wahlweise mit deutschen Untertiteln) als auch in der deutschen Synchro an. Zudem kann man sich mit einem Account auch eine Merkliste erstellen, um Wunschtitel schnell wiederzufinden und sich im Zweifelsfall nicht immer durch lange Listen hindurchklicken zu müssen.

Laut Hoffman funktionierte die Synergie zwischen Kinos und seiner Plattform nicht nur während, sondern auch schon vor der Krise gut. Und während der traditionelle Kinobesuch der gebeutelten Branche immer noch am meisten hilft, so kommt ein Filmabruf auf „Kino on Demand“ den Lichtspielhäusern immer noch mehr zugute als bei Branchenriesen wie Amazon Prime und Netflix.

Das Programm und alle weiteren Infos auf der Homepage von „Kino on Demand“

Nils Bothmann

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