Festival Filmszene Aktuell

Privates, Politisches und Phantastisches: Die Fantasy Filmfest White Nights 2023

Den Schneefall in Köln haben die Fantasy Filmfest White Nights trotz ihres Titels zwar verpasst, doch der erste von zwei Wochenend-Ablegern des großen Hauptfestivals im Herbst liefert Fans des Genrekinos einen bunten Strauß aus Horror, Thriller und Action aus aller Herren Länder. Spielort ist wie gewohnt das Residenz Kino, dieses Jahr am 4. und 5. Februar. „Das Privat ist politisch“ – das verkündeten bereits die Feministinnen der 1970er. Auch in vielen Filmen der White Nights vermischen sich Privates und Politisches, wobei das Pendel manchmal eher in die eine, manchmal eher in die andere Richtung ausschlägt.

Evil Eye (Copyright: Cinépolis Distribución)

So gehört es zu den Ursituationen des Horrorfilms, dass das Vertraute, am liebsten im Eigenheim, zum Hort des Bösen wird. So müssen die beiden jugendlichen Protagonistinnen des mexikanischen Evil Eye (2022) sich mit der Frage beschäftigen, ob die eigene Großmutter vielleicht eine Hexe ist (Samstag, 17.45 Uhr). In Nocebo (2022) weiß Modedesignerin Christine (Eva Green), die unter einer mysteriösen Krankheit und Gedächtnislücken leidet, nicht, ob sie ihrer neuen Haushälterin trauen kann – und ob sie diese überhaupt engagiert hat. Diese kümmert sich zwar gut um Christine, ihren Mann und die Kinder, doch sie scheint eine eigene Agenda zu verfolgen (Sonntag, 17.15 Uhr).

Das US-amerikanische Studio Blumhouse ist auf Horror mit politischer Schlagseite spezialisiert, man denke an The Purge (2013) plus Sequels, Get Out (2017) oder They/Them (2022). In Soft & Quiet (2022), dem einzigen US-Film im Programm, geht es um eine Gruppe weißer Mittelschichtsdamen, welche Grassroots-Aktivismus im konservativen bis neurechten Sinne betreiben wollen – aber sanft und leise, wie der Filmtitel sagt. Dass wird für die Karens dieser Horrorsatire allerdings zum Problem, als sie auf Menschen mit Migrationshintergrund treffen und sich nicht im Zaum halten können (Sonntag, 13 Uhr). Wie schon in seinem mehrfach ausgezeichneten La isla minima – Mörderland (2014) beschäftigt sich Alejandro Rodriguez auch in seinem Gefängnisthriller Prison 77 (2022) mit den Nachwirkungen der Franco-Diktatur in Spanien, dieses Mal im Kontext der Haftanstalten, in denen sich die Insassen für ihre Rechte einsetzen (Samstag, 22.30 Uhr).

Project Wolf Hunting (Copyright: Capelight Pictures)

Stark vertreten ist das asiatische Genrekino. Der koreanische Project Wolf Hunting (2022) verbindet Action mit Splatter- und Horrorelementen. Ein Gefangenentransport auf einem Frachtschiff läuft aus dem Ruder, als die koreanische Mafia das Unterfangen sabotiert – bald kämpfen Gesetzeshüter und Verbrecher aufs Blutigste gegeneinander. Und das ist erst der Anfang, denn es lauert noch ein ganz anderes Grauen an Bord (Samstag, 20 Uhr). Soi Cheang, bekannt für den rüden Gangsterfilm Dog Bite Dog (2006), den Highspeed-Actioner Motorway (2012) und den Martial-Arts-Reißer Lethal Warrior (2015), nimmt sich in Limbo (2021) den Serienkillerfilm vor: Ein Cop-Duo sucht nach dem Fund von Leichenteilen nach einem Serienmörder, komplett in schwarz-weiß gefilmt, was die Noir-Elemente des Films noch einmal deutlich herausstellt (Sonntag, 14.45 Uhr). Und dann ist da noch Satan’s Slaves 2: Communion (2022) aus Indonesien. Das Sequel war in seinem Heimatland ein kommerzieller Riesenerfolg und erzählt die Geschichte der Überlebenden des ersten Teils, die jedoch weiterhin von dem mörderischen Satanskult bedroht werden (Sonntag, 19.30 Uhr).

Ansonsten gibt es noch den französischen Lockdown Tower (2022) über den Horror des Eingesperrtseins in den eigenen vier Wänden (Samstag, 13 Uhr), die norwegische Beziehungsgroteske Good Boy (2022) über eine Psychologiestudentin, ihren neuen Freund und seinen „Schoßhund“ – einen Mann im Hundekostüm (Sonntag, 22 Uhr) und die finnisch-spanische-estländische Co-Produktion Hit Big (2022), die das Terrain von Tarantino und Co. bearbeitet, wenn eine Loser-Truppe einen Gangsterboss übers Ohr hauen will und mit den Konsequenzen leben – oder sterben – muss (Samstag, 15 Uhr). Für (fast) jeden Genregeschmack ist also etwas dabei auf den diesjährigen White Nights.

Alle weiteren Infos zum Programm und zum Ticketerwerb gibt es auf der Homepage des Festivals.

Nils Bothmann

Veranstalter*innen..