Erstaunlich! Schon sechs Jahre ist es her, das mit „Luz“ der Debutfilm von KHM-Absolvent Tilman Singer erschienen ist und die deutsche Filmlandschaft durchschüttelte. Nicht weil der Film riesige Besuchermassen angezogen hätte, oder auch nur mittelgroße, aber die schiere filmische Vision dieses Mystery-Horrorfilms schien so angenehm ambitioniert, mutig und aufgeregt, das man nach dieser filmischen Visitenkarte möglichst schnell noch sehr viel mehr von diesem Talent sehen wollte.
Dabei war „Luz“ derart eigenartig und eigenständig, das Vergleiche zu „Eraserhead“ (1977), dem Debutfilm von Film-Visionär David Lynch gar nicht abwegig klangen. Beides Studenten-Filme. Lynchs zweiter Film, „The Elephant Man“ (1980) war sogleich seine Eintrittskarte nach Hollywood und schaffte es, seine einmalige filmische Handschrift in einen mit Stars gespickten Film mit hohen Filmtudio-Erwartungen zu übersetzen. Und nun kommt also Tilman Singers „Elefantenmensch“ in die deutschen Kinos: „Cuckoo“. Eine deutsch-amerikanische Produktion mit amerikanischen Stars. Kann auch er seine wahnwitzige filmische Welt ins „Big Business“ übertragen? Das ist die große Frage.
„Cuckoo„ ist jedenfalls ein Mystery-Thriller, der gleichermaßen fasziniert und verstört und dabei die Grenzen des Horror-Genres vor der Postkarten-Kulisse der bayerischen Alpen nicht unschlau auslotet: Die 17-jährige Gretchen wird aus ihrem gewohnten Leben in den USA gerissen, als sie widerwillig mit ihrem Vater und dessen neuer Familie in ein abgelegenes Ferienresort dort ziehen muss. Mit einem Job an der Rezeption hofft sie, genug Geld zu verdienen, um sich die Rückreise nach Amerika zu finanzieren. Die Distanz zwischen Gretchen und der neuen Freundin ihres Vaters sowie deren siebenjähriger Tochter wächst zunehmend. Doch je länger Gretchen bleibt, desto mehr häufen sich seltsame Ereignisse. Unheimliche Geräusche und blutige Visionen verfolgen sie und schließlich eine unbekannte Frau, die auch in der Nacht die Sonnenbrille nicht ablegt und die sie in einen wehenden Trenchcoat gehüllt verfolgt.
Gretchen wird sehr eindrucksvoll von Hunter Schafer gespielt, einem der großen internationalen Shooting-Stars des Jahres. Mit Dan Stevens, der den undurchsichtigen Resort-Besitzer „Herr König“ spielt, ist ein weiterer internationaler Schauspieler Teil des Casts.
Die visuelle Gestaltung des Films mit seinen grobkörnigen, auf 35mm-Film gedrehten Bildern, ist großartig und trägt entscheidend zur unheimlichen Atmosphäre bei. Kameramann Paul Faltz, der schon „Luz“ zu einem Erlebnis machte, gelingt es, die Alpenlandschaft von „Cuckoo“ in bedrückende, fast klaustrophobische Bilder zu verwandeln, die die Isolation und das zunehmende Unbehagen der Protagonistin perfekt einfangen.
Schafer ist das Highlight des Films und schafft es, in ihrer Rolle mit einer starken und zugleich verletzlichen Darstellung das volle Spektrum aller erdenklichen Emotionen auf die zu Leinwand bringen. Besonders die innere Zerrissenheit Gretchens zieht das Publikum in das psychologische Drama hinein, das sich inmitten des Horror-Settings entfaltet. Ihre Leistung verleiht dem Film eine emotionale Tiefe, die über die Genre-Konventionen hinausgeht. „Cuckoo“ schafft es, durch eine geschickte Mischung aus Horror und Arthouse-Drama eine verstörende Atmosphäre zu erzeugen, die bis zum Schluss fesselt.
Im letzten Drittel des Films, wenn die Identität der mysteriösen Frau enthüllt wird, die Gretchen jagt, und der Film seine ihm eigene Welt erklären muss, die wir bisher nur in Andeutungen und wabernder Unbestimmtheit kennengelernt haben, verliert die Geschichte an Kohärenz. Was man leichter verschmerzen könnte, wenn nicht noch ein paar andere Störfaktoren hinzu kämen, wie ein unnötig in die Länge gezogen Shoot-Out und deplatziert wirkende Jump-Scares. Man könnte manchmal den Eindruck haben, das eine der beiden amerikanischen Produktionsfirmen in letzter Minute einen Arthouse-Film mit Genre-Konventionen pimpen wollten, um ein größeres Publikum anzusprechen.
Nicht so wichtig. „Cuckoo„ ist einer der spannendsten Filme des frühen Filmherbstes, der durch seine Andersartigkeit besticht. Genau wie Singers Debutfilm „Luz“ erzeugt er auf eine ganz eigene Art Spannung und Verwirrung. Und sieht dabei nicht nur verdammt gut aus, sondern überzeugt auch auf der Tonspur und in den schauspielerischen Leistungen. Es ist eine weitere Visitenkarte für einen äußerst talentierten Regisseur, der nach dieser bestandenen Hollywood-Feuertaufe hoffentlich schon bald sein nächstes Projekt verwirklichen können wird. Auch nicht unwichtig dafür: „Cuckoo“ stieg zum Start in die Top-10 der US-Kinocharts ein und hat seine Produktionskosten schon wieder eingespielt.
Erstaunlich! Schon sechs Jahre ist es her, das mit „Luz“ der Debutfilm von KHM-Absolvent Tilman Singer erschienen ist und die deutsche Filmlandschaft durchschüttelte. Nicht weil der Film riesige Besuchermassen angezogen hätte, oder auch nur mittelgroße, aber die schiere filmische Vision dieses Mystery-Horrorfilms schien so angenehm ambitioniert, mutig und aufgeregt, das man nach dieser filmischen Visitenkarte möglichst schnell noch sehr viel mehr von diesem Talent sehen wollte.
Dabei war „Luz“ derart eigenartig und eigenständig, das Vergleiche zu „Eraserhead“ (1977), dem Debutfilm von Film-Visionär David Lynch gar nicht abwegig klangen. Beides Studenten-Filme. Lynchs zweiter Film, „The Elephant Man“ (1980) war sogleich seine Eintrittskarte nach Hollywood und schaffte es, seine einmalige filmische Handschrift in einen mit Stars gespickten Film mit hohen Filmtudio-Erwartungen zu übersetzen. Und nun kommt also Tilman Singers „Elefantenmensch“ in die deutschen Kinos: „Cuckoo“. Eine deutsch-amerikanische Produktion mit amerikanischen Stars. Kann auch er seine wahnwitzige filmische Welt ins „Big Business“ übertragen? Das ist die große Frage.
„Cuckoo„ ist jedenfalls ein Mystery-Thriller, der gleichermaßen fasziniert und verstört und dabei die Grenzen des Horror-Genres vor der Postkarten-Kulisse der bayerischen Alpen nicht unschlau auslotet: Die 17-jährige Gretchen wird aus ihrem gewohnten Leben in den USA gerissen, als sie widerwillig mit ihrem Vater und dessen neuer Familie in ein abgelegenes Ferienresort dort ziehen muss. Mit einem Job an der Rezeption hofft sie, genug Geld zu verdienen, um sich die Rückreise nach Amerika zu finanzieren. Die Distanz zwischen Gretchen und der neuen Freundin ihres Vaters sowie deren siebenjähriger Tochter wächst zunehmend. Doch je länger Gretchen bleibt, desto mehr häufen sich seltsame Ereignisse. Unheimliche Geräusche und blutige Visionen verfolgen sie und schließlich eine unbekannte Frau, die auch in der Nacht die Sonnenbrille nicht ablegt und die sie in einen wehenden Trenchcoat gehüllt verfolgt.
Gretchen wird sehr eindrucksvoll von Hunter Schafer gespielt, einem der großen internationalen Shooting-Stars des Jahres. Mit Dan Stevens, der den undurchsichtigen Resort-Besitzer „Herr König“ spielt, ist ein weiterer internationaler Schauspieler Teil des Casts.
Die visuelle Gestaltung des Films mit seinen grobkörnigen, auf 35mm-Film gedrehten Bildern, ist großartig und trägt entscheidend zur unheimlichen Atmosphäre bei. Kameramann Paul Faltz, der schon „Luz“ zu einem Erlebnis machte, gelingt es, die Alpenlandschaft von „Cuckoo“ in bedrückende, fast klaustrophobische Bilder zu verwandeln, die die Isolation und das zunehmende Unbehagen der Protagonistin perfekt einfangen.
Schafer ist das Highlight des Films und schafft es, in ihrer Rolle mit einer starken und zugleich verletzlichen Darstellung das volle Spektrum aller erdenklichen Emotionen auf die zu Leinwand bringen. Besonders die innere Zerrissenheit Gretchens zieht das Publikum in das psychologische Drama hinein, das sich inmitten des Horror-Settings entfaltet. Ihre Leistung verleiht dem Film eine emotionale Tiefe, die über die Genre-Konventionen hinausgeht. „Cuckoo“ schafft es, durch eine geschickte Mischung aus Horror und Arthouse-Drama eine verstörende Atmosphäre zu erzeugen, die bis zum Schluss fesselt.
Im letzten Drittel des Films, wenn die Identität der mysteriösen Frau enthüllt wird, die Gretchen jagt, und der Film seine ihm eigene Welt erklären muss, die wir bisher nur in Andeutungen und wabernder Unbestimmtheit kennengelernt haben, verliert die Geschichte an Kohärenz. Was man leichter verschmerzen könnte, wenn nicht noch ein paar andere Störfaktoren hinzu kämen, wie ein unnötig in die Länge gezogen Shoot-Out und deplatziert wirkende Jump-Scares. Man könnte manchmal den Eindruck haben, das eine der beiden amerikanischen Produktionsfirmen in letzter Minute einen Arthouse-Film mit Genre-Konventionen pimpen wollten, um ein größeres Publikum anzusprechen.
Nicht so wichtig. „Cuckoo„ ist einer der spannendsten Filme des frühen Filmherbstes, der durch seine Andersartigkeit besticht. Genau wie Singers Debutfilm „Luz“ erzeugt er auf eine ganz eigene Art Spannung und Verwirrung. Und sieht dabei nicht nur verdammt gut aus, sondern überzeugt auch auf der Tonspur und in den schauspielerischen Leistungen. Es ist eine weitere Visitenkarte für einen äußerst talentierten Regisseur, der nach dieser bestandenen Hollywood-Feuertaufe hoffentlich schon bald sein nächstes Projekt verwirklichen können wird. Auch nicht unwichtig dafür: „Cuckoo“ stieg zum Start in die Top-10 der US-Kinocharts ein und hat seine Produktionskosten schon wieder eingespielt.
Werner Busch