Allgemein Festival Filmszene Aktuell

Mitarbeitende des Film Festival Cologne bestätigen Vorwürfe gegen Leiterin

Nach einem anonymen Protestbrief ehemaliger Mitarbeiter:innen des Film Festival Cologne sind nun auch aktuell dort arbeitende Teammitglieder nach vorne getreten und bestätigen die schweren Anschuldigungen gegen Festivalleiterin Dr. Martina Richter. Die drei Hauptförderer des Festivals, Stadt Köln, Land NRW und Film- und Medienstiftung nehmen die Vorwürfe ernst und prüfen sie gegenwärtig. Unser Autor Frank Olbert fasst die Ereignisse der letzten Tage zusammen:

In der Affäre um das Film Festival Cologne (FFCGN) gerät Direktorin Martina Richter weiter unter Druck. Nachdem ehemalige Mitarbeitende des Festivals in der vergangenen Woche Kritik am Führungsstil Richters geübt haben, melden sich nun Mitglieder des derzeitig aktiven Festivalteams zu Wort. In einem Schreiben, das Filmszene.Köln vorliegt, bestätigen diese die Vorwürfe der Vorgänger. Das Arbeitsklima im Kernteam des FFCGN „war und ist“ über weite Strecken geprägt von Misstrauen und Anfeindungen durch Martina Richter, heißt es dort. Mehrere Mitarbeitende seien im vergangenen Jahr gezieltem Mobbing ausgesetzt gewesen. Die Mitglieder des aktuellen Organisationsteams betonen, dass es ihnen nicht leicht falle, ihre Kritik an der Festivalleiterin öffentlich zu machen – ihr Ziel sei nicht, dem Festival zu schaden, sondern im Gegenteil sicherzustellen, dass für Transparenz und eine effiziente Organisation gesorgt werde, damit es weiter wachsen könne. Das aus der Cologne Conference hervorgegangene FFCGN zieht nach eigenen Angaben jährlich 30.000 Besucher:innen an. Es findet in diesem Jahr vom 17. bis zum 24. Oktober statt; präsentiert werden Kino- und Fernsehfilme sowie Serien. Das Programm wird um medienpolitische und ästhetische Debatten ergänzt.

Willkür und fehlende öffentliche Kontrolle

Am 26. September wurde an die Förderer des Festivals auf kommunaler und auf Landesebene sowie an mehr als 150 Personen aus Politik, Verwaltung und Medien ein offener Brief versandt, in dem ehemalige Mitarbeitende des Festivals dessen Direktorin eine von Mobbing und Misstrauen geprägte „toxische Arbeitsatmosphäre“ attestieren. Auch werfen die Verfasser:innen Richter einen intransparenten Umgang mit öffentlichen Fördermitteln vor. Martina Richter wies die Anschuldigungen in der vergangenen Woche zurück. Auf Anfrage von Filmszene.Köln besteht sie auf ihrer Position: „Auf jeden Fall weise ich alle Anschuldigungen zurück.“ Sie sei bereit, sich mit der Kritik auseinanderzusetzen und sich dem Gespräch mit den ehemaligen Mitarbeitenden zu stellen. Im Vorfeld des Festivals schaffe sie dies jedoch nicht, „aber nach dem Festival stehe ich jederzeit dazu bereit“. Die Vorwürfe belasteten sie, es sei ihr wichtig, dass sie selbst dazu gehört werde.

Die Mitglieder des aktuellen Festivalteams schreiben nun ebenfalls, dass Martina Richter in vielen Punkten willkürlich mit Fördermitteln verfahre. Es bestehe keine öffentliche Kontrolle darüber, wie viel Geld Richter sich selbst und ihren Familienmitgliedern auszahle. Auch würden Förderern und Öffentlichkeit willkürlich Zahlen genannt, was die Anzahl der Festivalbesucher:innen sowie der eingereichten Filme betreffe.

Reaktionen von Stadt, Land und Filmstiftung

Das Festival wird hauptsächlich von der Stadt Köln, dem Land NRW sowie der Film- und Medienstiftung NRW gefördert. In einer Stellungnahme der Stadt Köln auf Anfrage von Filmszene.Köln heißt es: „Die Stadt Köln nimmt die im Raum stehenden Vorwürfe ernst und hat eine Stellungnahme durch Frau Dr. Richter erbeten, die inzwischen eingegangen ist. In der Stellungnahme hat Frau Dr. Richter ausführlich auf die im Raum stehende Kritik reagiert und ihre Sichtweise dargestellt.“

Die Stadt Köln prüfe diese Stellungnahme derzeit und werde diese in die Gesamtbetrachtung der Prüfung künftiger Förderanträge miteinbeziehen. Unabhängig davon sei es ein Anliegen der Stadt Köln, mit den öffentlichen Förderern, dem Land Nordrhein-Westfalen und der Film- und Medienstiftung NRW, sowie der Veranstalterin, der Cologne Conference GmbH, nach dem diesjährigen Festival über die künftige Ausgestaltung, die Trägerstruktur sowie weitere strategische Fragen zum Filmfestival in einen Austausch zu treten. „Bereits nach dem Ratsbeschluss 2020 sind die potenziellen Gesellschafter in Gespräche über eine mögliche Gesellschafterstruktur für das Filmfestival eingestiegen, die nicht in die Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft mündeten. Die Stadt Köln ist daher nicht Gesellschafterin der veranstaltenden Cologne Conference GmbH“, stellt die Stadt klar. Zur Prüfung der zweckmäßigen Verwendung der bewilligten Mittel sei durch den Zuschussempfänger ein Verwendungsnachweis vorzulegen – so müssen Nachweise über die gesamten Einnahmen und Ausgaben sowie deren Verwendung beigebracht werden. „Lediglich bei einem Verstoß gegen wesentliche Bestimmungen des Zuwendungsbescheids werden Zuwendungen in Gänze oder in Teilen zurückgefordert, was in den vergangenen Jahren nicht erfolgte“, teilt die Stadt mit.

Seitens der Düsseldorfer Film- und Medienstiftung heißt es auf Anfrage von Filmszene.Köln, dass man die Vorgänge um das FFCGN sehr ernst nehmen. Die Stiftung habe nach dem Eingang des Schreibens der ehemaligen Mitarbeitenden eine Stellungnahme von Martina Richter erbeten, die inzwischen eingegangen sei. „In der Stellungnahme hat Frau Richter ausführlich auf die im Raum stehende Kritik reagiert und ihre Sichtweise dargestellt. Die Film- und Medienstiftung NRW hat die Stellungnahme zur Kenntnis genommen, prüft sie aktuell. Dazu führen wir auch Gespräche mit dem Land Nordrhein-Westfalen und der Stadt Köln.“

Das Film Festival Cologne wird vom Land NRW, der Stadt Köln und der Film- und Medienstiftung NRW mit erheblichen Fördersummen ausgestattet. Im Archivfoto von 2022: Festivalleiterin Martina Richter (li.) mit Nathanael Liminski, Chef der Staatskanzlei und NRW-Minister für Medien, sowie Petra Müller, die damalige Geschäftsführerin der Film- und Medienstiftung. Foto: FFCGN

Vorwürfe von Scheinselbstständigkeit und schlechter Behandlung

Im aktuellen Schreiben des Organisationsteams wird über das vergiftete Arbeitsklima hinaus beklagt, dass es beim FFCGN Scheinselbstständigkeit gebe. Mehrere Kolleg:innen arbeiteten ganzjährig als „freie Mitarbeiter“ mit regelmäßigen Bürozeiten und monatlich unverändert bleibenden Bezügen. Zudem erwarte Richter von Mitarbeitenden, die bei der Cologne Conference GmbH für das Film Festival Cologne angestellt seien und dementsprechend von Fördergeldern bezahlt würden, dass diese für andere Unternehmen der Direktorin arbeiteten. In diesem Zusammenhang wird die Social Globe Projects UG – SGP – genannt. Hier ist Martina Richter als Geschäftsführerin tätig. SGP vernetzt laut eigener Aussage „die digitale Bewegtbildbranche“ mit entwicklungspolitischen Akteuren.

Richter, so heißt es in dem Schreiben des Festivalteams weiter, erwarte von den Mitarbeitenden des Festivals zudem, dass diese regelmäßig auch an Wochenenden und nicht selten an Feiertagen arbeiteten. Auch Krankschreibungen würden von ihr nicht respektiert.

In diesem wie auch im vergangenen Jahr seien Mitarbeitende wenige Monate vor Festivalbeginn gekündigt worden. Richter habe zentrale Aufgaben dann selbst übernommen – Planung, Kontinuität und Strategie würden dadurch vereitelt, schreiben die Mitglieder des aktuellen Festivalteams.

Erster Partner setzt Zusammenarbeit aus

Eine erste Konsequenz aus der Affäre hat das Kurzfilmfestival Köln (KFFK) gezogen und seine Teilnahme am diesjährigen FFCNG abgesagt. Die Veranstaltung Look Short Film wird nicht wie geplant im Rahmen des Festivalprogramms stattfinden – was beim FFCGN derzeit geschehe, könne man nicht guten Gewissens mit einer Kooperation, wenn auch nur indirekt, unterstützen, so der Leiter des KFFK, Johannes Duncker.

Wunsch nach wesentlichen Veränderungen

Um sich selbst zu schützen, möchten die Verfasser:innen des aktuellen Briefs nicht genannt werden. Das Schreiben sei in anonymer Form Stadt, Land und Film- und Medienstiftung zugegangen. Man wünsche sich in einem fast ausschließlich mit öffentlichen Mitteln finanzierten Unternehmen ein respektvolles Arbeitsklima, sichere, faire und gleiche Rahmenbedingungen für alle, heißt es in dem Schreiben. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass die Gewährung von Fördermitteln Persönlichkeiten wie Martina Richter in ihrem Handeln bestätige, so die Verfasser:innen. Ebenso wenig könne man hinnehmen, dass sich die Branche, die möchte, dass das Festival stattfindet, zum kollektiven Wegschauen verleiten lasse. Dass das Festival auch in den vergangenen Jahren erfolgreich gewesen sei, schreiben die Verfasser:innen zu großen Teilen dem Einsatz des überwiegend jungen und leidenschaftlich arbeitenden Teams zu, das unter dem Leitung von Martina Richter allerdings meist schnell ausbrenne und dann ausgetauscht werde.

Frank Olbert & Werner Busch

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