Johannes Duncker ist seit 2013 Leiter des Kurzfilmfestival Köln. Er ist Regisseur, Produzent und Autor, 2023 gewann er gemeinsam mit İlker Çatak den Deutschen Filmpreis für das Drehbuch zum Oscar-Film „Das Lehrerzimmer“. Frank Olbert sprach mit ihm über das Festival, Kurzfilme und die zunehmend schwierige Fördersituation.
Johannes, das Kurzfilmfestival Köln findet zum 18. Mal statt. Wie steht es da?
Johannes Duncker: Wir haben uns durch eine gewisse Kontinuität ein Publikum erarbeitet, wobei wir es schaffen, auch ein sehr junges Publikum anzuziehen – das freut mich sehr. Denn das sind zum Teil diejenigen, die wir für das Kino bereits abgeschrieben hatten. Doch wenn man sie richtig anspricht und die Filme bietet, die sie interessieren, dann kommen sie auch.
Wie spricht man sie richtig an?
Unser Konzept ist, ein unterhaltsames Festival zu gestalten, das aber gleichzeitig offen ist für Experimente, die einen fordern. Das ist der Vorteil des Kurzfilms: das man einen unterhaltsamen Spielfilm zum Beispiel mischen kann einer Ästhetik, die viele nicht gewohnt sind. Ich glaube, das macht vielen Leuten Spaß und regt sie an, Dinge zu entdecken.
Welche Rolle spielt das Filmhaus als Zentrum des Festivals?
Das ist ein guter Ort. Wir bespielen ja nicht allein das Kino, sondern richten oben in einer Etage ein zweites kleines Atelier-Kino ein. Außerdem zeigen wir in einem weiteren Raum in Wohnzimmerkino-Atmosphäre Filme im LOOP und zusätzlich gibt es einen Bereich für VR-Arbeiten.
Damit tragt ihr der Tatsache Rechnung, dass der Kurzfilm auch aus dem traditionellen Kino ausbricht, um andere Medien zu nutzen?
Auf jeden Fall. Wir haben viele Arbeiten, die sich in den Grenzbereichen etwa zur Bildenden Kunst bewegen. Wir haben die Sektion New Aesthetic, sie sich speziell damit befasst, wie durch digitale Tools neue Ästhetiken ermöglicht werden. Auf der anderen Seite gibt es Sektionen wir Shorts on Wheels, wo wir mit Fahrrädern durch die Stadt fahren und an einzelnen Orten Filme zeigen. Auch der Loop ist der Versuch, Filme anders zu präsentieren, weil das aus dem 90-Minuten-Block ausbricht.
Welche Plattformen gibt es für den Kurzfilm jenseits von Festivals? Früher war er einmal der Vorfilm im Kino.
Die Initiativen, die das wiederbeleben wollen, mag es immer noch geben. Ich habe den Eindruck, dass Streaming immer wichtiger wird. Von Anbietern wie Mubi hört man, das dort Kurzfilme extrem gut laufen. Das hängt auch mit dem Zeitbudget zusammen: Viele haben keine zwei Stunden, um sich einen Film anzuschauen, 30 Minuten aber schon. Das wird, denke ich, noch eine größere Rolle spielen, auch wenn es vielleicht Fluch und Segen zugleich ist.
Doch davon abgesehen, ist ein Festival wie das KFFK schon eine herausragende Bühne, auf der sich der Kurzfilm präsentiert?
Es ist schön, wenn der Kurzfilm losgelöst ist von der herkömmlichen Marktlogik, wo es um die Verwertung auf Festivals geht: Wer hat die Premiere, was läuft wo? Hier ist es schön, dass der Film gezeigt wird – uns ist wichtig, dass wir zeigen, was wir für die besten Filme halten. Zentral ist für mich aber auch der lokale Bezug, die Begegnung, das Gespräch. Klar stehen die Filme im Mittelpunkt, aber das Drumherum bei einem Festival ist ebenfalls entscheidend.
Hat sich dafür eigentlich ein Stammpublikum entwickelt?
Das ist so. Dieses Publikum ist sehr studentisch geprägt, denn wir zeigen auch zahlreiche Arbeiten von den Studierenden der Kölner Schulen, der ifs Internationale Filmschule Köln und der Kunsthochschule für Medien. Mit ifs und KHM befinden wir uns als Festival an einem idealen Standort. Wir schaffen es, und darauf sind wir stolz, auch für die Filmemacher:innen Kontinuität herzustellen – viele kommen immer wieder, weil es ihr Lieblingsfestival ist.
Wie stellt ihr euer Programm zusammen?
Es gibt Einreichungen. Nicht nur für den Deutschen Wettbewerb – auch wenn man andere Sektionen wie den Kinderfilm einrechnet, hatten wir für dieses Jahr rund 1000 solcher Einreichungen. Darüber hinaus recherchieren wir, was an den Filmschulen produziert wird, was von Filmemacher:innen kommt, mit denen wir bereits zusammengearbeitet haben, und was auf anderen Festivals läuft. Und natürlich haben wir einen guten Draht zu KHM und ifs, was sich auch daran zeigt, das wir immer am 21.12. – der längsten Nacht – das Programm zum Kurzfilmtag im Filmforum mit den Schulen zusammen gestalten.
Ihr seid in diesem Jahr von Kürzungen durch die Film- und Medienstiftung NRW betroffen. Wie wirkt sich das aus?
Das sind 10 000 Euro weniger, deswegen mussten wir das Spotlight-Programm, das die Arbeiten einer einzigen Filmemacherin oder eines einzelnen Filmemachers zeigt, streichen, und leider müssen auch die Kinder-Workshops wegfallen.
Welches Signal geht davon aus?
Für mich ist die Frage, wohin sich die Filmstiftung orientiert, und für wie wichtig sie Festivals hält. Gerade unserem Festival gelingt es, ein junges Publikum anzuziehen, noch dazu mit Filmen jenseits des Mainstreams – dafür waren in den vergangenen Jahren auch das Kulturamt der Stadt Köln und das Landesministerium für Kultur und Wissenschaft verlässliche Partner. Der Programmpunkt Shorts on Wheels wird noch einmal extra von der Stadt gefördert. Außerdem haben wir seit drei Jahren ein barrierefreies Programm, so dass wir Filme aus dem Deutschen Wettbewerb mit Gebärdensprache und Audiodiskreption versehen. Auch das bedeutet natürlich zusätzlichen Aufwand, der ebenfalls von der Stadt besonders unterstützt wird.
Interview: Frank Olbert Titelbild: Thomas Spies / Teamfoto: Paul Hense / KFFK
Johannes Duncker ist seit 2013 Leiter des Kurzfilmfestival Köln. Er ist Regisseur, Produzent und Autor, 2023 gewann er gemeinsam mit İlker Çatak den Deutschen Filmpreis für das Drehbuch zum Oscar-Film „Das Lehrerzimmer“. Frank Olbert sprach mit ihm über das Festival, Kurzfilme und die zunehmend schwierige Fördersituation.
Johannes, das Kurzfilmfestival Köln findet zum 18. Mal statt. Wie steht es da?
Johannes Duncker: Wir haben uns durch eine gewisse Kontinuität ein Publikum erarbeitet, wobei wir es schaffen, auch ein sehr junges Publikum anzuziehen – das freut mich sehr. Denn das sind zum Teil diejenigen, die wir für das Kino bereits abgeschrieben hatten. Doch wenn man sie richtig anspricht und die Filme bietet, die sie interessieren, dann kommen sie auch.
Wie spricht man sie richtig an?
Unser Konzept ist, ein unterhaltsames Festival zu gestalten, das aber gleichzeitig offen ist für Experimente, die einen fordern. Das ist der Vorteil des Kurzfilms: das man einen unterhaltsamen Spielfilm zum Beispiel mischen kann einer Ästhetik, die viele nicht gewohnt sind. Ich glaube, das macht vielen Leuten Spaß und regt sie an, Dinge zu entdecken.
Welche Rolle spielt das Filmhaus als Zentrum des Festivals?
Das ist ein guter Ort. Wir bespielen ja nicht allein das Kino, sondern richten oben in einer Etage ein zweites kleines Atelier-Kino ein. Außerdem zeigen wir in einem weiteren Raum in Wohnzimmerkino-Atmosphäre Filme im LOOP und zusätzlich gibt es einen Bereich für VR-Arbeiten.
Damit tragt ihr der Tatsache Rechnung, dass der Kurzfilm auch aus dem traditionellen Kino ausbricht, um andere Medien zu nutzen?
Auf jeden Fall. Wir haben viele Arbeiten, die sich in den Grenzbereichen etwa zur Bildenden Kunst bewegen. Wir haben die Sektion New Aesthetic, sie sich speziell damit befasst, wie durch digitale Tools neue Ästhetiken ermöglicht werden. Auf der anderen Seite gibt es Sektionen wir Shorts on Wheels, wo wir mit Fahrrädern durch die Stadt fahren und an einzelnen Orten Filme zeigen. Auch der Loop ist der Versuch, Filme anders zu präsentieren, weil das aus dem 90-Minuten-Block ausbricht.
Welche Plattformen gibt es für den Kurzfilm jenseits von Festivals? Früher war er einmal der Vorfilm im Kino.
Die Initiativen, die das wiederbeleben wollen, mag es immer noch geben. Ich habe den Eindruck, dass Streaming immer wichtiger wird. Von Anbietern wie Mubi hört man, das dort Kurzfilme extrem gut laufen. Das hängt auch mit dem Zeitbudget zusammen: Viele haben keine zwei Stunden, um sich einen Film anzuschauen, 30 Minuten aber schon. Das wird, denke ich, noch eine größere Rolle spielen, auch wenn es vielleicht Fluch und Segen zugleich ist.
Doch davon abgesehen, ist ein Festival wie das KFFK schon eine herausragende Bühne, auf der sich der Kurzfilm präsentiert?
Es ist schön, wenn der Kurzfilm losgelöst ist von der herkömmlichen Marktlogik, wo es um die Verwertung auf Festivals geht: Wer hat die Premiere, was läuft wo? Hier ist es schön, dass der Film gezeigt wird – uns ist wichtig, dass wir zeigen, was wir für die besten Filme halten. Zentral ist für mich aber auch der lokale Bezug, die Begegnung, das Gespräch. Klar stehen die Filme im Mittelpunkt, aber das Drumherum bei einem Festival ist ebenfalls entscheidend.
Hat sich dafür eigentlich ein Stammpublikum entwickelt?
Das ist so. Dieses Publikum ist sehr studentisch geprägt, denn wir zeigen auch zahlreiche Arbeiten von den Studierenden der Kölner Schulen, der ifs Internationale Filmschule Köln und der Kunsthochschule für Medien. Mit ifs und KHM befinden wir uns als Festival an einem idealen Standort. Wir schaffen es, und darauf sind wir stolz, auch für die Filmemacher:innen Kontinuität herzustellen – viele kommen immer wieder, weil es ihr Lieblingsfestival ist.
Wie stellt ihr euer Programm zusammen?
Es gibt Einreichungen. Nicht nur für den Deutschen Wettbewerb – auch wenn man andere Sektionen wie den Kinderfilm einrechnet, hatten wir für dieses Jahr rund 1000 solcher Einreichungen. Darüber hinaus recherchieren wir, was an den Filmschulen produziert wird, was von Filmemacher:innen kommt, mit denen wir bereits zusammengearbeitet haben, und was auf anderen Festivals läuft. Und natürlich haben wir einen guten Draht zu KHM und ifs, was sich auch daran zeigt, das wir immer am 21.12. – der längsten Nacht – das Programm zum Kurzfilmtag im Filmforum mit den Schulen zusammen gestalten.
Ihr seid in diesem Jahr von Kürzungen durch die Film- und Medienstiftung NRW betroffen. Wie wirkt sich das aus?
Das sind 10 000 Euro weniger, deswegen mussten wir das Spotlight-Programm, das die Arbeiten einer einzigen Filmemacherin oder eines einzelnen Filmemachers zeigt, streichen, und leider müssen auch die Kinder-Workshops wegfallen.
Welches Signal geht davon aus?
Für mich ist die Frage, wohin sich die Filmstiftung orientiert, und für wie wichtig sie Festivals hält. Gerade unserem Festival gelingt es, ein junges Publikum anzuziehen, noch dazu mit Filmen jenseits des Mainstreams – dafür waren in den vergangenen Jahren auch das Kulturamt der Stadt Köln und das Landesministerium für Kultur und Wissenschaft verlässliche Partner. Der Programmpunkt Shorts on Wheels wird noch einmal extra von der Stadt gefördert. Außerdem haben wir seit drei Jahren ein barrierefreies Programm, so dass wir Filme aus dem Deutschen Wettbewerb mit Gebärdensprache und Audiodiskreption versehen. Auch das bedeutet natürlich zusätzlichen Aufwand, der ebenfalls von der Stadt besonders unterstützt wird.
Interview: Frank Olbert
Titelbild: Thomas Spies / Teamfoto: Paul Hense / KFFK