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Reclaim the Space – die Dokomotive zeigt „Ladies Only“ am Ebertplatz

Das Dokomotive-Kollektiv zeigt am 28. Mai um 19.30 Uhr den Film „Ladies Only“ in der Unterführung der Eberplatz-Passage mit anschließendem Filmgespräch mit Regisseurin Rebana Liz John.

Rushour im öffentlichen Nahverkehr, das heißt Hektik, Enge, Menschenmassen. In Köln und anderen Großstädten quetschen sich Millionen von Pendler*innen täglich überall in Busse, Straßenbahnen und Züge, um von der Arbeit nach Hause zu kommen. In Indiens größter Stadt Mumbai, eine der bevölkerungsreichsten Metropolen weltweit, ist das natürlich noch krasser. Dort ist Filmemacherin Rebana Liz John 1986 geboren, kennt die Situation vor Ort aus eigener Erfahrung. Nach einem Studium in Bangalore kam sie 2016 zum Postgraduiertenstudium an die Kunsthochschule für Medien Köln, 2021 entstand ihr Diplomfilm „Ladies Only“, der auf der Berlinale 2022 in der Sektion Perspektive Deutsches Kino lief.

Rebana Liz John, Foto: privat

Mumbai führte 1992 als weltweit erste Stadt sogenannte „Ladies Compartments“ ein, um den Arbeitsweg für berufstätige Frauen sicherer zu machen. John sprach während der Dreharbeiten mit Passagierinnen, die sie zufällig in diesem Compartment traf. Unterschiedliche soziale Schichten, Altersklassen und Sprachen sind hier vertreten. Einige tragen traditionelle Saris, andere Businessoutfits, Niqabs oder Sidecut und jede Menge Piercings im Gesicht. Ungezwungen und spontan geben sie Einblick in ihr Leben und thematisieren implizit die Rolle von Frauen in der indischen Gesellschaft. Es geht um Freiheit und Aufbegehren, Karriere und Kampfsport, Polyamorie und Lebensentwürfe jenseits von Heirat, Kindern, Haushalt.

Die Location der Filmvorführung erscheint ungewöhnlich. Auf solche Special Screenings hat sich die Kölner Dokomotive spezialisiert. Im letzten Jahr wurde beispielsweise Georg Nonnenmachers „Auf Anfang“ in einem Gerichtssaal gezeigt und diskutiert, die Vorführung von Alex Gerbaulets und Mareike Berniens „Sonne Unter Tage“ fand in einem Bergwerk statt. Die Dokomotive wurde Anfang 2018 als Kollektiv von Filmschaffenden verschiedener Gewerke gegründet und hat sich der Förderung des künstlerischen Dokumentarfilms verschrieben. Für die Special Screenings wählen Mitglieder des Kollektivs die Dokumentarfilme danach aus, ob sie eine spürbare individuelle Handschrift aufweisen, ein gesellschaftlich relevantes Thema und Aktualität sind ebenfalls erwünscht. Ergänzt werden diese Screenings mit anschließeneden Filmgesprächen und der Möglichkeit, Film und Diskussion im Anschluss auch online zu streamen.

Der Ebertplatz mit seiner wechselvollen Geschichte als Aufführungsort hat dabei eine symbolische Bedeutung. Als Treffpunkt für Alkohol- und Drogenabhängige beliebt und als Hotspot für Kleinkriminalität verschrien, ist es gleichzeitig ein Ort der Kunst und des kreativen Austauschs im öffentlichen Raum. In den Minilabyrinthen aus unterirdischen Passerellen, die diverse U-Bahneingänge mit Straßen verbinden, sind kleine Galerien und Initiativen ansässig. Mit einem Dokumentarfilm über einen Safe Space für Frauen in Vorortzügen will die Dokomotive das Image des Ebertplatzes konterkarieren und die Location ihrer Düsternis und der Vorurteile zum Trotz als offenen Gesprächsraum zurückerobern.

Maxi Braun

Titelbild und Filmstill aus „Ladies Only“, Fotos: Milann Tress John

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