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Udo Kier (1944 – 2025) – das Kino als Ort für die Unangepassten

Udo Kier ist tot. Mit ihm verliert die Filmwelt einen der ungewöhnlichsten, mutigsten und eigensinnigsten deutschen Schauspieler. Am 23. November 2025 ist der in Köln-Lindenthal geborene Künstler im Alter von 81 Jahren in Palm Springs gestorben – fern der Stadt, die ihn prägte, und doch untrennbar mit ihr verbunden.

Als Udo Kierspe wurde er 1944 in Köln während eines alliierten Bombenangriffs geboren, arbeitete bei Ford am Fließband und stand seit 1966 vor der Kamera. In fast sechzig Jahren Schauspielkarriere wirkte er in mehr als 270 Filmen und Serien mit. Sein Weg führte von frühen europäischen Exploitation und Arthouse-Filmen bis in die großen Studios nach Hollywood. Seine Filmografie ist wie ein wild gewordenes Archiv der Weltkinos: Hexen bis aufs Blut gequält, Flesh for Frankenstein, Suspiria, Epidemic, Europa, My Own Private Idaho, Johnny Mnemonic, Armageddon, Blade, Melancholia, Downsizing – und so viele viele Filme mehr.

Er arbeitete mit einigen der prägendsten Regisseur:innen ihrer Zeit: Andy Warhol, Paul Morrissey, Dario Argento, Werner Herzog, Wim Wenders, Rainer Werner Fassbinder, Gus Van Sant und immer wieder Lars von Trier, der Kier für mehrere seiner Filme besetzte und ihn einmal als „eine ganze eigene Gattung“ bezeichnete. Kaum ein deutscher Schauspieler war über Jahrzehnte so international sichtbar.

Seine Figuren waren exzentrisch, abgründig, oft schillernd grotesk – und doch immer mit einer Tiefe gespielt, die das Komische ins Tragische und das Unheimliche ins Menschliche kippen ließ. Kiers Markenzeichen war dieser Blick: hellwach, unergründlich, ein Versprechen von Gefahr und Verletzlichkeit zugleich.

Trotz seines internationalen Erfolgs blieb er Köln verbunden, kehrte immer wieder zurück, sprach über seine Herkunft, seine Anfänge und darüber, wie sehr die Stadt ihn geprägt habe. Und er blieb arbeitsbesessen: sogar in seinen Siebzigern drehte er jährlich fünf bis zehn Produktionen, spielte Nebenrollen, Hauptrollen, Cameos – Hauptsache, es reizte ihn.

Mit seinem Tod endet eine der ungewöhnlichsten Karrieren des europäischen Kinos. Udo Kier war ein Weltstar ohne Allüren, ein Künstler, der sich jeder Schublade entzog, ein Schauspieler, der die Ränder kannte und die Mitte nie brauchte. Er hinterlässt ein Werk, das so vielfältig, widersprüchlich und eigensinnig ist wie er selbst. Und er hinterlässt die Erinnerung daran, dass Kino nur dann wirklich lebt, wenn es Platz für die Unangepassten hat.

Werner Busch

Titelbild: Udo Kier in „Hexen bis aufs Blut gequält“ (1970), Foto: Turbine Medien

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