Je mehr Ereignis, desto besser!
Die Abschlussdiskussion des 13. Kongresses des Bundesverbandes für kommunale Filmarbeit in Köln über die Zukunft des Kinos.
(Ein Blog-Beitrag von Dirk Steinkühler)
Unter dem Motto „Rezepte für halbvolle Kinosäle – zeitgenössische und historische Reflexionen zum Kinomarketing“ fand der diesjährige Bundeskongress der Kommunalen Kinos vom 1. bis 3. Dezember in Köln und Leverkusen statt. Er widmete sich den vielfältigen Formen und dem Potential von Marketing-, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für filmkulturelle und cinephile Programme. Am Sonntagmorgen gab es dazu im Filmforum im Museum Ludwig eine abschließende Podiumsdiskussion, bei der Positionen und Perspektiven zur Zukunft des Kinos austauscht wurden. Teilnehmer*innen waren unter der Leitung von Manja Malz (B-Movie & Kinemathek Hamburg) Nils Ebert (W-Film, Köln), Christine Reeh-Peters (Kinemathek Karlsruhe), Daniel Kothenschulte (Filmkritiker, Köln) und Silke J. Räbiger (IFFF – Internationales Frauenfilmfestival Dortmund | Köln).
Zunächst stellte Nils Ebert vom Filmverleih „W-Film“ Aspekte vor, die für die Wahl des Starttermins und die Herausbringung eines neuen Films entscheidend sind: So sind neben dem Angebot der Konkurrenz bestimmte Anlässe, Ereignisse und Jahrestage von Bedeutung, die inhaltlich mit dem Thema des Films korrespondieren und eine Ansprache von Kooperationspartner*innen und Multiplikator*innen erleichtern. Außerdem wird für die Kinos und das Publikum immer wichtiger, dass Akteur*innen des Films für Filmgespräche und Kinotouren zur Verfügung stehen können. Die Einbettung eines Films in ideale Rahmenbedingung werde von Jahr zu Jahr wichtiger, einfache Presse- und Zielgruppenarbeit reiche in jedem Fall nicht mehr aus, um sich am Markt durchsetzen zu können. Auch werde die Marke eines Kinos zunehmend bedeutsamer, um beim Publikum Aufmerksamkeit zu erzielen und dem einzelnen Film einen guten Nährboden zu bieten.
Christine Reeh-Peters, die in diesem Jahr die Geschäftsführung und Programmleitung der Kinemathek Karlsruhe aus dem Händen eines jahrzehntelang tätigen Vorgängers übernommen hat, betonte im Folgenden wie wichtig es ist, mit vorhandenen Wurzeln zu arbeiten und die zukünftige Arbeit darauf aufzubauen. Man sollte dabei fortführen, was jahrelang erfolgreich war, anderseits auf jeden Fall Neues ausprobieren, und vor allem neues, junges Publikum ansprechen. So war bei ihr in diesem Herbst eine Aktion erfolgreich, die auf einer Ausstellung aufbaute, die studentische Mitarbeiter*innen organisiert hatten und damit Kommiliton*innen ins Haus holten, die den Ort und das Kino vorher nicht kannten.
Auch Silke J. Räbiger wies daraufhin, wie wichtig es ist, junges Publikum in die Kinos zu holen. Eine Umfrage, die das IFFF in diesem Jahr in Dortmund durchgeführt hatte, zeigte bereits, dass vor allem die Aktivitäten im Bereich Social Media, das Interesse junger Zuschauer*innen geweckt und sie in die Vorführungen geholt hatten. Für diese Aufgabe der PR-Arbeit über soziale Netzwerke sei aber auch intensives Engagement notwendig. Außerdem wird es zunehmend wichtiger, dass Festivals mit Veranstaltungen und Kooperationen auch außerhalb des Festivalzeitraums präsent sind. Hier sei z.B. der regelmäßige Newsletter des IFFF ein gutes Mittel, das ganze Jahr über das Festival zu informieren.
Daniel Kothenschulte, der sich noch als Filmkritiker der alten Schule sieht, beklagte, dass die Haltung vieler Kritiker zunehmend in eine PR-fördernde Richtung geht. Man schreibe zudem gerne so, wie es die Branche gerne liest – der/die potentielle Kinozuschauer*in gerate dabei immer mehr in den Hintergrund. Räbiger und Kothenschulte sehen auch die Veränderungen der Zeitungslandschaft als Problem: Es gäbe kaum mehr festangestellte Redakteur*innen, auch die Anzahl der Redaktionen nehme ab – vor allem auch die der Lokalredaktionen, die z.B. in Dortmund über Kultur berichten. So geben insbesondere Interviews einem Festival oder einem Film in der Presse besondere Aufmerksamkeit. Falls aber kein/e Redakteur*in mehr vor Ort ist oder sein kann, Wege zu weit oder Strukturen zu sehr aufgelöst sind, muss man Filmschaffende vielleicht bald in die Verlagshäuser bringen, um überhaupt noch Presseartikel zu bekommen.
Uneinigkeit herrschte unter den Diskussionsteilnehmer*innen allerdings über das Ausmaß der Wirkung, die Printmedien heute neben den sprudelnden Möglichkeiten des Netzes überhaupt noch haben. Klar ist allerdings, so Christine Reeh-Peters, dass ein großer Zeitungsartikel immer noch dazu führen kann, dass eine zeitnahe Vorführung des besprochenen Films gut bis sehr gut besucht ist. Einig war man sich in der Runde aber über eins: In Zukunft werden Ereignisse noch wahrgenommen, einzelne Filme nicht – je mehr Ereignis, desto besser!
[Bild: 66 KINO, Philipp Hartmann, D 2016]
Je mehr Ereignis, desto besser!
Die Abschlussdiskussion des 13. Kongresses des Bundesverbandes für kommunale Filmarbeit in Köln über die Zukunft des Kinos.
(Ein Blog-Beitrag von Dirk Steinkühler)
Unter dem Motto „Rezepte für halbvolle Kinosäle – zeitgenössische und historische Reflexionen zum Kinomarketing“ fand der diesjährige Bundeskongress der Kommunalen Kinos vom 1. bis 3. Dezember in Köln und Leverkusen statt. Er widmete sich den vielfältigen Formen und dem Potential von Marketing-, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für filmkulturelle und cinephile Programme. Am Sonntagmorgen gab es dazu im Filmforum im Museum Ludwig eine abschließende Podiumsdiskussion, bei der Positionen und Perspektiven zur Zukunft des Kinos austauscht wurden. Teilnehmer*innen waren unter der Leitung von Manja Malz (B-Movie & Kinemathek Hamburg) Nils Ebert (W-Film, Köln), Christine Reeh-Peters (Kinemathek Karlsruhe), Daniel Kothenschulte (Filmkritiker, Köln) und Silke J. Räbiger (IFFF – Internationales Frauenfilmfestival Dortmund | Köln).
Zunächst stellte Nils Ebert vom Filmverleih „W-Film“ Aspekte vor, die für die Wahl des Starttermins und die Herausbringung eines neuen Films entscheidend sind: So sind neben dem Angebot der Konkurrenz bestimmte Anlässe, Ereignisse und Jahrestage von Bedeutung, die inhaltlich mit dem Thema des Films korrespondieren und eine Ansprache von Kooperationspartner*innen und Multiplikator*innen erleichtern. Außerdem wird für die Kinos und das Publikum immer wichtiger, dass Akteur*innen des Films für Filmgespräche und Kinotouren zur Verfügung stehen können. Die Einbettung eines Films in ideale Rahmenbedingung werde von Jahr zu Jahr wichtiger, einfache Presse- und Zielgruppenarbeit reiche in jedem Fall nicht mehr aus, um sich am Markt durchsetzen zu können. Auch werde die Marke eines Kinos zunehmend bedeutsamer, um beim Publikum Aufmerksamkeit zu erzielen und dem einzelnen Film einen guten Nährboden zu bieten.
Christine Reeh-Peters, die in diesem Jahr die Geschäftsführung und Programmleitung der Kinemathek Karlsruhe aus dem Händen eines jahrzehntelang tätigen Vorgängers übernommen hat, betonte im Folgenden wie wichtig es ist, mit vorhandenen Wurzeln zu arbeiten und die zukünftige Arbeit darauf aufzubauen. Man sollte dabei fortführen, was jahrelang erfolgreich war, anderseits auf jeden Fall Neues ausprobieren, und vor allem neues, junges Publikum ansprechen. So war bei ihr in diesem Herbst eine Aktion erfolgreich, die auf einer Ausstellung aufbaute, die studentische Mitarbeiter*innen organisiert hatten und damit Kommiliton*innen ins Haus holten, die den Ort und das Kino vorher nicht kannten.
Auch Silke J. Räbiger wies daraufhin, wie wichtig es ist, junges Publikum in die Kinos zu holen. Eine Umfrage, die das IFFF in diesem Jahr in Dortmund durchgeführt hatte, zeigte bereits, dass vor allem die Aktivitäten im Bereich Social Media, das Interesse junger Zuschauer*innen geweckt und sie in die Vorführungen geholt hatten. Für diese Aufgabe der PR-Arbeit über soziale Netzwerke sei aber auch intensives Engagement notwendig. Außerdem wird es zunehmend wichtiger, dass Festivals mit Veranstaltungen und Kooperationen auch außerhalb des Festivalzeitraums präsent sind. Hier sei z.B. der regelmäßige Newsletter des IFFF ein gutes Mittel, das ganze Jahr über das Festival zu informieren.
Daniel Kothenschulte, der sich noch als Filmkritiker der alten Schule sieht, beklagte, dass die Haltung vieler Kritiker zunehmend in eine PR-fördernde Richtung geht. Man schreibe zudem gerne so, wie es die Branche gerne liest – der/die potentielle Kinozuschauer*in gerate dabei immer mehr in den Hintergrund. Räbiger und Kothenschulte sehen auch die Veränderungen der Zeitungslandschaft als Problem: Es gäbe kaum mehr festangestellte Redakteur*innen, auch die Anzahl der Redaktionen nehme ab – vor allem auch die der Lokalredaktionen, die z.B. in Dortmund über Kultur berichten. So geben insbesondere Interviews einem Festival oder einem Film in der Presse besondere Aufmerksamkeit. Falls aber kein/e Redakteur*in mehr vor Ort ist oder sein kann, Wege zu weit oder Strukturen zu sehr aufgelöst sind, muss man Filmschaffende vielleicht bald in die Verlagshäuser bringen, um überhaupt noch Presseartikel zu bekommen.
Uneinigkeit herrschte unter den Diskussionsteilnehmer*innen allerdings über das Ausmaß der Wirkung, die Printmedien heute neben den sprudelnden Möglichkeiten des Netzes überhaupt noch haben. Klar ist allerdings, so Christine Reeh-Peters, dass ein großer Zeitungsartikel immer noch dazu führen kann, dass eine zeitnahe Vorführung des besprochenen Films gut bis sehr gut besucht ist. Einig war man sich in der Runde aber über eins: In Zukunft werden Ereignisse noch wahrgenommen, einzelne Filme nicht – je mehr Ereignis, desto besser!
[Bild: 66 KINO, Philipp Hartmann, D 2016]