Festival Filmszene Aktuell

Von internationalem Industrieportrait bis hin zum Pommeskrimi: Stranger Than Fiction #24

Das Festival „Stranger Than Fiction“ trägt die Seltsamkeit an sich im Namen, doch die letztjährige Ausgabe im Sommer war für die Veranstalter dennoch ungewöhnlich: Erstmals seit der Einführung der Kinotour 2007 fand das Festival lediglich am Hauptsitz in Köln statt. Bei der 24. Ausgabe, die vom 28. Januar bis 6. Februar stattfindet, ist „Stranger Than Fiction“ dann wieder in mehreren Städten zu sehen: Neben den Kölner Locations Filmhaus und Filmpalette werden auch Kinos in Bochum, Brühl, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf, Essen und Mülheim bespielt.

20 Dokumentarfilme aus der ganzen Welt gibt es bei der aktuellen Ausgabe des Festivals zu bestaunen. Aus Deutschland stammt der Eröffnungsfilm We all are Detroit – Vom Bleiben und Verschwinden (2021). Ulrike Franke und Michael Loeken werfen einen internationalen Blick auf den Niedergang der Autoindustrie auf zwei Kontinenten: Detroit in den USA und Bochum in Deutschland bilden in dieser Hinsicht eine Schicksalsgemeinschaft. Ihre Protagonist*innen sind zum Menschen aus beiden Städten, deren Lebensrealität von den Einschnitten und Veränderungen betroffen sind, zum anderen jene Planer*innen, Wissenschaftler*innen und Politiker*innen, die eine blühende Zukunft für die beiden Städte versprechen. Wie wichtig gesellschaftliche und ökonomische Fragen angesichts sterbender Traditionsindustrien in den westlichen Nationen sind, haben Wahlergebnisse der letzten Jahre immer wieder gezeigt, We all are Detroit gibt der Thematik Gesichter und Geschichten (28. Januar, 20 Uhr, Filmhaus Kino).

Szenenbild aus „We are all Detroit“, der kürzlich den Hauptpreis beim Kinofest Lünen gewann.

Ein kontroverses Thema geht Silence Breakers (2021) an. Regisseurin Silvina Landsmann widmet sich – der Titel verrät es schon – der israelischen NGO „Breaking the Silence“ (BtS), die nicht unumstritten sind. BtS prangert Menschenrechtsverbrechen in den von Israel besetzten Palästinensergebieten an und ist damit den israelischen Siedlern und vielen Politikern ein Dorn im Auge. Doch die Worte der Aktivisten haben Gewicht, denn es handelt sich dabei um ehemalige Angehörige des israelischen Militärs, die allerdings erst nach Ende ihrer Dienstzeit ihre Stimme erheben. Beim Screening im Filmhaus am 30. Januar sind sowohl die Regisseurin als auch die ehemalige BtS-Aktivistin Dana Golan zu Gast.

Ein passendes Ergänzungsprogramm dazu ist The First 54 Years – An Abbreviated Manual for Military Occupation (2021). Regisseur Avi Mograbi wählt einen leicht an Michael Moore erinnernden, sarkastischen Ansatz, wenn er aus dem Wohnzimmersessel heraus dazu doziert, wie man ein fremdes Territorium besetzt und gegen jegliche Widerstände verteidigt. Musterbeispiel dieser „theoretischen Überlegungen“: die israelische Besatzung der palästinensischen Gebiete in der Westbank und im Gaza-Streifen. Untermalt wird das Ganze von Archivmaterial und Zeitzeugenberichten – vor allem von BtS-Mitgliedern (2. Februar, 19 Uhr, Filmpalette).

Ebenfalls humorvoll geht die französisch-belgische Co-Produktion For a Fistful of Fries (2021) vor. Die Regisseure Jean Libons und Yves Hinants orientierten sich dabei an der Kultserie Strip-Tease, die 1985 von Libons mitentwickelt wurde. For a Fistful of Fries montiert 20 Jahre altes Material zu einem Doku-Krimi, der einerseits Techniken des Cinéma vérité verwendet, anderseits als Hommage an den Film Noir in schwarz-weiß gestaltet wurde. Es geht um den Mord an einer Gelegenheitsprostituierten in ihrer Wohnung, das wichtigste Indiz sind ein paar Pommes, welche auf die Spur des Täters führen (5. Februar, 20.30 Uhr, Filmhaus).

Eine Sektion widmet sich Dokumentarfilmen aus NRW. Dazu gehören unter anderen Die Konferenz der Vögel (2020) über eine syrisch-katholische Glaubensgemeinschaft, die auf der Flucht vor ISIS zeitweise eine neue Heimat im Irak suchen musste (1. Februar, 20 Uhr, Filmhaus), Garderie Nocturne (2021) über zwei Sexarbeiterinnen in Burkinafaso (31. Januar, 18 Uhr, Filmpalette) und Luchadores (2021) über drei mexikanische Wrestlerinnen, in dieser Männerdomäne für mehr Respekt und Gerechtigkeit kämpfen.

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