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Neue Filmreihe: Haus des Dokumentarfilms kommt nach Köln

Das Haus des Dokumentarfilms bringt seine kuratierte Reihe „DOK Premiere“ nach Köln: Ab April zeigt es im Odeon-Kino einmal im Monat aktuelle Dokumentarfilme, begleitet von spannenden Werkstattgesprächen. Hinter dem Programm steht mit Eric Friedler einer der profiliertesten Dokumentarfilmer Deutschlands. Mit der neuen Filmreihe weitet das Stuttgarter Haus seinen Einfluss auf die bundesweite Dokumentarfilmszene weiter aus – und setzt dabei auf Qualität, Nähe zum Publikum und große Themen.

Von Frank Olbert.


Das Haus des Dokumentarfilms ist in Stuttgart zuhause, doch regelmäßig geht es mit seinen Aktivitäten auf Reisen. Im Rahmen der Reihe „DOK Premiere“ stellt das Haus nicht allein in der baden-württembergischen Landeshauptstadt, sondern auch in Ludwigsburg und Berlin aktuelle Dokumentarfilme vor, die von Werkstattgesprächen begleitet werden. Nun erweitert es seinen Radius: Einmal im Monat zeigt das Haus des Dokumentarfilms eine Premiere in Köln – als Spielstätte konnte das Odeon-Kino in der Südstadt gewonnen werden, als Moderator führt der Kölner Filmemacher und Produzent Arne Birkenstock durch den Abend. Die erste „DOK Premiere“ findet am 23. April um 20 Uhr statt mit dem Film „Einfach Machen! She-Punks von 1977 bis heute“ von Reto Caduff.

Eric Friedler, Foto: HdD

Seit Januar des vergangenen Jahres ist Eric Friedler Geschäftsführer, Programmleiter und gemeinsam mit Manfred Hattendorf auch Vorstand des Stuttgarter Hauses. Friedler zählt zu den renommiertesten Dokumentarfilmern Deutschlands, seine Filme wie „Aghet – ein Völkermord“ oder „It must Schwing – The Blue Note Story“ wurden vielfach mit nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet. Als Redakteur und Abteilungsleiter bei NDR und SWR hat Friedler dem Dokumentarfilm beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine wichtige Stimme verschafft.

„Das Odeon-Kino ist ein wunderbarer, kooperativer Partner, und auch über Arne Birkenstock als Moderator freuen wir uns sehr“, so Eric Friedler im Gespräch mit Filmszene.Koeln – „die ‚DOK Premiere‘ ist ein kuratiertes Programm, das aktuelle Filme plus Werkstattgespräch mit den Regisseur:innen beziehungsweise Produzent:innen bietet. Unser Ziel ist es, die Filme zum aktuellen Kinostart oder, wenn möglich, noch davor exklusiv zu zeigen.“

Auftakt mit Haltung: She-Punks auf der Leinwand

Den Auftakt im Odeon-Kino bestreitet „Einfach Machen! She-Punks von 1977 bis heute“ von Reto Caduff. Im Mittelpunkt stehen die Frauen der Punkszene, Bands wie Östro 430 aus Düsseldorf und Mania D aus Berlin, die sich kurz nach ihren britischen Vorgängerinnen wie Siouxie Sioux gründeten. Das anschließende Gespräch führt Birkenstock mit der Produzentin des Films, Milena Fessmann.

„Bei den Filmen handelt es sich um Autorenfilme, die eine eigene künstlerische Handschrift besitzen – nicht um Auftragsproduktionen eines Senders. Das sind abendfüllende, große Dokumentarfilme, und diese zu unterstützen, ist unsere Mission“, sagt Eric Friedler, der 1971 im australischen Sydney geboren wurde, in Köln das Abitur gemacht und anschließend in den USA bei der deutsch-jüdischen Exilzeitschrift „Aufbau“ volontiert hat, bevor er zum Film ging. „Gerade Dokumentarfilm überschreitet oft die Grenze zur Selbstausbeutung: drei, vier oder gar fünf Jahre an einem solchen Film zu arbeiten, das steht unter der Überschrift ‚overworked – underpayed‘, würde ich sagen. Nichts ist uns deswegen einer größere Freude und auch Ehre, vor dem Kinostart für diese Filme lautstark zu trommeln.“

Dass dies in Stuttgart, Berlin und Ludwigsburg auch gehört wird, konnte Friedler in der Vergangenheit bereits feststellen, weshalb Köln sicher nicht die letzte neue Station für die Premieren sein wird. „Die ‚DOK Premieren‘, das ist unsere Erfahrung, werden sehr gut besucht, nicht zuletzt deswegen, weil das Publikum über das Filmerlebnis hinaus die Gelegenheit hat, die Macher:innen kennenzulernen. Als wir zuletzt ‚Hilde‘ in Stuttgart gezeigt haben, war das Kino bis auf den letzten Platz voll besetzt.“

Den Auftakt im Odeon-Kino am 23. April macht „Einfach Machen! She-Punks von 1977 bis heute“ von Reto Caduff, Foto: Salzgeber

DOKVILLE 2025: Rechtsruck in Deutschland

Seit seiner Gründung im Jahr 1991 hat sich das Stuttgarter Haus zu einem einzigartigen Zentrum für den Dokumentarfilm entwickelt. Getragen wird es vom Europäischen Medienforum Stuttgart, einem gemeinnützigen Verein, dem neben Südwestrundfunk, ZDF, Arte und dem Schweizer Fernsehen auch die Film- und Medienstiftung NRW als Mitglied angehört.

Neben den Filmvorführungen und Diskussionen ist ein jährlicher Schwerpunkt des Hauses die Tagung DOKVILLE, die 2025 am 26. und 27. Juni im Hospitalhof Stuttgart stattfindet und per Livestream übertragen wird. „DOKVILLE ist nicht allein ein Branchentreffen – die Branche trifft auch das Publikum. Im vergangenen Jahr konnten wir rund 400 Teilnehmende begrüßen, darunter zahlreiche Programmentscheider:innen“, so Eric Friedler. „In diesem Jahr widmen wir uns dem Rechtsruck in Deutschland, mit Diskussionen zum Thema an sich, aber auch in Case Studies zu einzelnen Filmen. Keynote- und Impulsgeber sind Campino von den Toten Hosen, der Publizist Michel Friedman, SWR-Indendant Kai Gniffke und Cem Özdemir, um nur einige zu nennen.“

Über das Schwerpunktthema „Rechtsruck Deutschland – Dokumentarische Positionen“ hinaus bietet DOKVILLE auch in diesem Jahr die Gelegenheit zum filmdokumentarischen Speed-Dating: Filmschaffende und Produzent:innen können in diesem Rahmen neue Projekte pitchen und den Redaktionen unterschiedlicher Fernsehsender im direkten Austausch vorstellen. Die Resonanz im vergangenen Jahr, so Friedler, sei enorm gewesen.

Groß denken, nah dran sein

Seit 2022 vergibt das Haus des Dokumentarfilms zudem einen Preis, der nach dem dem Journalisten und Regisseur Roman Brodmann benannt und mit 10.000 Euro dotiert ist. Die Preisverleihung am 7. Mai wird auch in diesem Jahr von einem Kolloquium begleitet, das vom Kölner Institut für Medien- und Kommunikationspolitik mit dem Haus des Dokumentarfilms veranstaltet wird. Auch hier geht es 2025 um den Rechtsruck, diesmal allerdings im europäischen Rahmen und mit der Frage nach der „Ohnmacht der Medien“ verbunden. Nicht allein Deutschland, sondern den gesamten Kontinent und mutmaßlich die ganze Welt hat das Haus des Dokumentarfilms im Blick, das damit so umfassend und vielfältig wie die filmische Form ist, für die es sich engagiert.

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