Festival Filmszene Aktuell

Neue Welten in unter 45 Minuten entdecken: Das 16. Kurzfilmfestival Köln

Vom 15. bis zum 20. November findet die 16. Ausgabe des Kurzfilmfestival Köln (KFFK) statt. An insgesamt fünf Spielstätten (Filmhaus, Filmforum NRW im Museum Ludwig, Lichtspiele Kalk, Odeon Kino, OFF Broadway) wird über mehrere Tage hinweg der kurzen audiovisuellen Ausdrucksform gehuldigt. Wie schon im Vorjahr wird das Eröffnungsprogramm am Dienstag um 19 Uhr im Filmhaus aufgeführt. Das Filmhaus beherbergt zudem zwei Dauerprogrammpunkte des Festivals: Zum einen eine Virtual-Reality-Station, die von Dienstag bis Samstag jeweils von 17 bis 23 Uhr und am Sonntag von 13 bis 17 Uhr benutzbar ist. Zum anderen sind dort sechs Kurzfilme in Dauerschleife zu sehen, in einer Sektion mit dem entsprechenden Namen: Loop. Der Eintritt zu diesen beiden Dauerprogrammen ist frei.

Ebenfalls kostenlos ist die Teilnahme an „Shorts on Wheels“. Dabei handelt es sich um die traditionelle Fahrradtour des KFFK, in deren Verlauf Kurzfilme im Freien an Hauswände usw. projiziert werden. Das Event für stramme Waden und angeregte Diskussionen im Freien startet am Donnerstag, den 17. November, um 18.30 Uhr am KunstWerk Köln.

Pigs in Progress (2014)

Ebenfalls Festivaltradition ist der Kinderworkshop „Die Trickfilmfabrik!“, der wie gewohnt in Kooperation mit dem Kinder- und Jugendfilmfestival Cinepänz stattfindet. Kinder zwischen acht und zwölf Jahren können an dem zweitägigen Workshop im Trickfilmstudio der Kunsthochschule für Medien (KHM) teilnehmen. Dort lernen sie die Grundlagen des Animationsfilms kennen und erstellen selbst einen Trickfilm, der im Rahmen der Preisverleihung zum Schluss des KFFK aufgeführt wird. „Auf den Bühnen, in den Ohren“ dagegen ist ein Generationenworkshop: Schüler*innen der Katharina-Henoth-Gesamtschule Köln-Kalk und Personen ab 55 Jahren nehmen daran teil und erstellen kurze Animationsfilme, die Musikgeschmäcker verschiedener Epochen thematisieren und somit einen Dialog zwischen den Generationen ermöglichen. Der Programmpunkt „Träumen Maschinen von elektrischen Schafen?“ ist zwar als Masterclass betitelt, wendet sich jedoch an interessierte Anfänger*innen, die den Einsatz von Open-Source-KI-Modellen im Kurzfilm erforschen möchten.

Im Länderfokus dieser Ausgabe steht der Kosovo. Zwei Kurzfilmprogramme im Filmhaus am Samstag, den 19. November, setzen sich mit der Geschichte und der Lage des noch jungen Landes auseinander, das nach dem Zerfall Jugoslawiens in den 1990ern in seiner jetzigen Form entstand und Schauplatz eines furchtbaren Krieges war. Dementsprechend beschäftigt sich der zweite Programmpunkt „Dealing with the Past“ mit der bewegten, oft von Gewalt geprägten Geschichte des Kosovo in insgesamt drei Arbeiten. In der ersten Sektion „Hopes & Struggles“ beschäftigen sich dagegen vier Kurzfilme mit den Hoffnungen für die Zukunft und den Herausforderungen der Gegenwart. She (2018) erzählt von einer jungen Frau, die einer vom Vater arrangierten Zwangsehe entkommen will, Fence (2018) von einem Jungen, der einen Ausweg aus seiner häuslichen Atmosphäre sucht, die von Rassismus und Gewalt geprägt ist, A Month (2017) von einer blinden Obdachlosen, die von ihren vier Schwestern im Wechsel für jeweils einen Monat aufgenommen wird, Displaced (2021) von der Bedeutung des Tischtennis für die Jugend im Kosovo der Nachkriegszeit.

She (2018)

Die Sektion „Spotlight“ ist in diesem Jahr der Filmemacherin und Videokünstlerin Kerstin Honeit gewidmet, die, wie das Festival betont, als „(Film-)Stimme der Arbeiter*in“ Akzente setzt. Von Mittwoch bis Sonntag ist Honeits Videoinstallation Joint Property im Filmhaus zu sehen, die am Mittwoch um 20.30 Uhr mit einer Vernissage eröffnet wird. Eine halbe Stunde später wird, ebenfalls im Filmhaus, ein Programm mit Kurzfilmen der Künstlerin gezeigt, darunter Ich muss mit Ihnen sprechen (2015/2018), der die Synchronisation schwarzer Schauspielerinnen durch weiße Synchronsprecherinnen verhandelt, How to say goodbye? (2012) über das Ende des Betriebs des Flughafen Tegel und Pigs in Progress (2014), welcher die Folgen einer Gentrifizierung beleuchtet, welche die Teile der Gesellschaft aus den Städten vertreibt, während sich Wildschweine auf der Suche nach Lebensraum dort ansiedeln.

Der Themenfokus „Inside Out“ (Donnerstag, 17. November, 21.30 Uhr, Lichtspiele Kalk) zeigt hingegen Arbeiten, die das Innere zu visualisieren wissen. In dem Animationsfilm My Fat Arse and I (2020) geht es um Magersucht und Körperbilder, in dem aus Archivmaterial montierten Jobs for All! (2021) wird der Frage nachgegangen, was Arbeit ist, in It’s Raining Frogs Outside (2021) wird die Konfrontation zwischen einer jungen Frau und ihrem Elternhaus während des bevorstehenden Weltuntergangs von einem Froschregen begleitet.

It’s Raining Frogs Outside (2021)

„Best of Festivals“ zeigt an drei Terminen an drei Spielorten eine Übersicht prämierter und gefeierter Kurzfilme. Am Dienstag um 21.30 Uhr sind im Filmhaus unter anderem der Cannes-Beitrag The Parent’s Room (2021), den Goldene-Palme-Gewinner The Water Murmurs (2022) und Ousmane (2021) zu sehen, der unter den Publikumspreis beim Stony Brook Festival und die Auszeichnung für den besten narrativen Kurzfilm beim Boston Short Film Festival abräumte. Das Kurzfilmquintett, das am Freitag um 21.30 Uhr in den Lichtspielen Kalk gezeigt wird, umfasst den tschechischen Love, Dad (2021), die irakisch-britische Co-Produktion Nazarbazi (2022), den brasilianischen Sunday Morning (2022), den russisch-litauischen Trap (2021) und den französischen Swallow the Universe (2021). Im OFF Broadway werden am Sonntag um 17 Uhr der portugiesische Becoming Male in the Middle Ages (2022), der französische Noir-Soleil (2021), der US-amerikanische If I Go Will They Miss Me (2022), der niederländische Spotless (2021) und der chilenische Animal (2022) gezeigt.

Am Freitag, den 18. November, wird um 19 Uhr das „Kölner Fenster“ geöffnet, das Beiträge lokaler Filmemacher*innen und Hochschulabsolvet*innen zeigt. Dazu gehört beispielsweise Allen Zweifeln zum Trotz (2021), das Abschlussprojekt von Regisseur und Drehbuchautor Laurenz Otto an der Internationalen Filmschule Köln (ifs), welches eine komplexe und komplizierte Beziehung zwischen einem Sohn und einer Vaterfigur verhandelt. Allen Zweifeln zum Trotz gewann auf den diesjährigen Kurzfilmtagen in Oberhausen den Publikumspreis in der NRW-Sektion. Regisseurin Sophia Groening, deren Muss ja nicht sein, dass es heute ist (2022) gezeigt wird, studierte an der KHM. Der Siebeneinhalbminüter spielt am Platz der Kulturen in Köln-Finkenberg und erzählt von vier Freunden, die gemeinsam eine Textnachricht zu formulieren versuchen, die jedoch nie abgeschickt werden soll. The Mystery (2022), stammt Rainer Knepperges, Mitglied der Kölner Gruppe, und erzählt vom titelgebenden Rätsel, das der Park de la Alameida in Malaga der Wissenschaft aufgibt.

Muss ja nicht sein, dass es heute ist (2022)

Im deutschen Wettbewerb wiederum wetteifern insgesamt 23 Beiträge, die um die Gunst des Publikums und der Fachjury buhlen. Thematisch sind sie auf fünf Programmpunkte verteilt, von denen jeder zwei Mal im Filmhaus gescreent wird. Neben dem Publikumspreis gibt es drei Jurypreise zu gewinnen. Die Vergabe der Auszeichnungen erfolgt natürlich im Rahmen der Preisverleihung am letzten Festivaltag. Am Sonntag, den 20. November, findet diese im Filmforum um 19 Uhr statt, Einlass für die Veranstaltung ist um 18.30 Uhr. Der Eintritt hierzu ist frei. Bis es zum Abschluss des Festivals kommt, gibt es für interessierte Zuschauer*innen jedoch viel zu entdecken in der Welt des Kurzfilms, der abseits von Festivals wie dem KFFK und Initiativen wie dem Short Monday leider immer noch ein relativ stiefmütterliches Dasein in Deutschland fristet.

Alle weiteren Infos zum Programm und zum Ticketerwerb finden sich auf der Homepage des Festivals.

Nils Bothmann

Veranstalter*innen..