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Im Interview: Blonde Cobra

Am kommenden Freitag, 8. Dezember startet die neue Ausgabe des Blonde Cobra Festivals im Turistarama. Das Festival bietet eine einmalige Mischung aus Queerness, Performance, Fetisch, Kunst, Theorie, Kink und einigem mehr, die es im weiten Umkreis in der Festivallandschaft einmalig machen. Bis in die tiefe Nacht des 9. Dezember wird es zahlreiche Filmvorführungen, Performances, Music-Acts und einiges mehr im Festivalkino zu bestaunen geben. Wir sprachen mit den 4 Köpfen hinter Blonde Cobra über ihr Festival-Event. Hier geht es zum Programm:

BLONDE COBRA FESTIVAL 2023
Freitag, 8. Dezember & Samstag, 9. Dezember

Das Team von Blonde Cobra im Jahr 2023. Hinten, v.l.: Lina Sieckmann und Miriam Gossing, vorne, v.l.: Lara Levi Nickel und Lena Mrachacz. Foto: Luise Flügge 

Was macht BLONDE COBRA besonders?

Blonde Cobra ist für uns ein fortwährendes künstlerisches Experiment und kuratorisches Experiment. Wir sind in der Programmgestaltung völlig frei und zeigen daher sowohl Filmprogramme als auch Performances und Live-Konzerte, neben sehr aktuellen Arbeiten stehen Klassiker des queeren und experimentellen Films. Von Anfang an war es uns wichtig, das Festival als Ganzes zu denken, den Raum in dem es stattfindet gewissermaßen für 48 Stunden zu transformieren. In jeder Edition gibt es einen bestimmten Duft, der in einer rituellen Performance im Saal verteilt wird. Wir arbeiten eng mit der lokalen Community von Künstler:innen-Musiker:innen-Performer:innen in Köln zusammen und laden zu jeder Edition auch internationale Künstler:innen und Theoretiker:innen ein. Die Blonde Cobra als falsche Schlange steht für uns programmatisch für eine Abkehr von gefestigten Identitätskonstruktionen und dem gesellschaftlichen Streben nach Authentizität. Es geht viel um das lustvolle Erproben von anderen Seinszuständen, um Spiel, Maskerade, Inszenierung und Utopie. 

Ähnlich vielseitig wie das Blonde Cobra Festival ist auch das Werk von Ashley Hans Scheirl. Ihr zeigt einige ihrer Filme aus den 1980ern als Queer-History zum Auftakt. Auch der amerikanische Spielfilm „Safe“ aus den 90ern wird gezeigt. Was für eine Bedeutung hat für Euch „der Blick zurück“ im Programm?

Der Blick zurück ist ja immer auch eine Auseinandersetzung mit dem Jetzt. Das ist vor allem für marginalisierte Communities von hoher Bedeutung, weil man sich in einer Normgesellschaft zurechtfinden muss. Es ist für uns immer wieder erstaunlich, wie radikal und besonders die Formsprache vieler Arbeiten von Künstler:innen ist, die heute jenseits der 80 sind oder gar schon nicht mehr unter den Lebenden – wir denken beispielsweise an die Filme vergangener Festivaleditionen, etwa von Elfi Mikesch, Kenneth Anger, Monika Treut, Jack Smith und vielen anderen. Generell finden wir es wichtig, einen Raum zu eröffnen in dem wir uns erinnern, Dinge in Bezug zueinander setzen oder auch unsere queeren Wegbereiter:innen feiern.

Für uns ist auch immer wieder spannend zu diskutieren, wie Künstler:innen in der Vergangenheit abseits von institutionellen Förderstrukturen gearbeitet und sich dafür in Kollektiven zusammengetan haben. Der Spielfilm „Safe“ von Todd Haynes, den wir am Samstag zeigen, ist für uns persönlich ein absoluter Lieblingsfilm – angesichts der Pandemie in Bezug auf das Thema „Immunität“ nochmal aktueller denn je – und auch ein gutes Beispiel für einen erweiterten Begriff von queerem Kino.

Szenenbild aus Im Garten der gelben G. (1985) von Ashley Hans Scheirl. Foto: Blonde Cobra

Was macht Queeres Kino für Euch aus?

Bei Queerness geht es für uns nicht ausschließlich um die sexuelle und geschlechtliche Identität. Es geht um experimentelle Formen, alternative Produktionsbedingungen, um ein anderes (An)schauen, um Widerständigkeit, Solidarität und eine Offenheit den Möglichkeiten gegenüber. Die Filme, die wir spannend finden, schauen nicht „hinter die Kulissen“, sondern direkt auf sie, sie „geben“ niemandem „eine Stimme“, aber hören dafür genau zu. 

Welche Bedeutung haben Performances im Festivalkontext für Euch?

Das Performative war von Anfang an ein wichtiger Bestandteil von Blonde Cobra. Wir finden es reizvoll, die Programmstruktur immer wieder durch mehr oder weniger subtile Inszenierungen und künstlerische Eingriffe zu durchbrechen. Häufig ersetzen sie das klassische Filmgespräch oder die Anmoderation, sodass Programme auch teilweise ineinander übergehen, wie dem Musikvideoprogramm, kuratiert in Kollaboration mit Jessica Manstetten, was mit einer Duft-Performance von uns eröffnet und mit einem Live-Konzert von LLEE TOTO beendet wird. Besonders freuen wir uns in diesem Jahr auch auf den Performance Abend des „Haus of Audacity“-Kollektivs mit Rage Audacity und Venus Bizarre aus San Francisco.

In diesem Jahr feiert ihr die 5. Ausgabe und damit das erste kleine Jubiläum. Wie kam 2019 die erste Ausgabe zustande und wie habt ihr 4 Euch als Team gefunden?

Miriam und Lina arbeiten als Künstler:innenduo schon länger zusammen, Levi kam 2018 dazu und 2019 haben wir dann gemeinsam die erste Festivaledition gefeiert. Lena ist seit Beginn an Teil des kuratorischen Teams und technische Leiterin des Festivals. Zuvor haben wir in unterschiedlichen Konstellationen und Projekten zusammengearbeitet und sind einfach auch gut miteinander befreundet. Irgendwann entstand die Idee, aus den Micro Cinema-Veranstaltungen, Performance-Abenden und Ausstellungsprojekten, die wir zuvor in unserem Kölner Atelier „Schalten und Walten“ organisiert haben, ein Festival zu gründen. Daraus folgten dann viele Programme und Sondereditionen wie beispielsweise Open Air Screenings während der Kölner Kino Nächte, einem Programm in der Phönix-Sauna, sowie diversen Travelling-Filmprogrammen, mit denen wir unter anderem in Helsinki, Vancouver und Portland zu Gast waren.

Das Festival findet im Turistarama-Kino statt, der ehemaligen, und legendären, Lupe 2. Eine quasi intime Location, ein kondensierender Raum. Und auch das umfangreiche Programm von Blonde Cobra ist auf nur zwei Tage kondensiert. Habt ihr schon einmal Überlegungen gehabt, das Festival zeitlich und räumlich auszuweiten?

Das Festival auf zwei Tage zu begrenzen und es in einer Location wie dem stattfinden zu lassen, wo auch bereits die Programme X-Screen in den 60er-Jahren stattfanden, macht für uns aktuell Sinn. Daher wollen wir dieses Konzept erstmal so beibehalten und weiterhin die Kooperationen über das Jahr verteilt ausbauen.

Interview: Werner Busch
Titelbild: Filmstill aus „Nachtkatzen“ von Valentin Merz, Foto: Blonde Cobra

Szenenbild aus Fou de Bassan – Jita Sensation von Yann Gonzalez. Foto: Blonde Cobra

Ausführliche Infos zum Programm
und Ticketing findet ihr auf der Webseite:

Veranstalter*innen..

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