Ein Tennislehrer auf Fuerteventura, der mehr dem Alkohol als dem Leben zugetan ist, eine zerrüttete Familie auf Urlaubsflucht und eine Insel, auf der selbst das Paradies nach Ausweg riecht – Jan-Ole Gerster kehrt mit Islands zurück, und obwohl diesmal alles international scheint, bleibt sein Kino ganz bei sich – lakonisch, klug und voller leiser Verzweiflung.
Von Frank Olbert.
Alle nennen ihn Ace, weil er mal ein Tennis-As war – nun aber schmerzt die Schulter. Deshalb arbeitet Tom dort, wo andere Leute Urlaub machen. Als Tennislehrer auf Fuerteventura ist er gut ausgebucht. „Sie lieben mich“, sagt er. Doch in Wahrheit führt er ein durch und durch entfremdetes Leben, aus dem er die Ödnis mit schnellem Sex und viel Alkohol zu vertreiben versucht – nachts in der Disco, die großspurig „Waikiki“ heißt. Selbst im Ferienparadies, so heißt es einmal, wünscht man sich woanders hin.
Ein echter Gerster
„Islands“ ist Jan-Ole Gersters dritter Spielfilm, nach „Oh Boy“ und „Lara“ mit Tom Schilling und Corinna Harfouch. Nun aber führt Sam Riley als Tom einen internationalen Cast an, dem unter anderen Stacy Martin und Jack Farthing angehören. Auch mit dem Schauplatz lässt Gerster Deutschland hinter sich, und doch ist „Islands“ unverkennbar sein Film – still, manchmal komisch, immer lebensklug und dabei voller Understatement.
Nicht allein die Insel-Disco träumt sich mit ihrem Namen von Fuerteventura fort, auch Tom selbst fantasiert sich im Laufe des Films in ein anderes Leben hinein, wobei das so beiläufig, ja fast unfreiwillig geschieht wie alles in diesen sonnigen Tagen zwischen Hotelpool, Tennisplatz und „Waikiki“. Tom ist keiner, der etwas anpackt – ihm stößt vielmehr alles Mögliche zu, und deshalb ist er ein geistiger Bruder von Niko, der sich in „Oh Boy“ durch Berlin treiben ließ, noch dazu in Schwarzweiß. Auf Furteventura ist die Szenerie zwar viel heller, aber auch Tom ist ein ratloser, trauriger Held.
Seine Chance scheint zu kommen, als Anne, Dave und Anton anreisen. Tom gibt Sohn Anton Tennisstunden, und die heillos zerstrittenen Eltern sind froh, als er ihnen Seiten der Insel jenseits des Hotelbunkers zeigt – was Gerster im Übrigen Gelegenheit für einige spektakuläre Landschaftsaufnahmen gibt. Auch, wenn Tom nur Augen für Anne hat.
Wettergegerbt von der Sonne und einem ziellosen Leben: Sam Riley spielt Tennislehrer Tom, Fotos: Leonine Studios
Charakterstudie, Liebesfilm, Psychothriller
Mit der Begegnung zwischen Tennislehrer und Kleinfamilie beginnt ein subtiles Beziehungsdrama, in dem es nach dem überraschenden Verschwinden des leicht manisch angehauchten Vaters Dave nicht allein zu einem Rollentausch kommt – auch gelingt es Gerster, mit diesem Ereignis eine Art kriminalistisches Geheimnis zu verknüpfen, das „Islands“ eine untergründige Spannung verleiht. Charakterstudie, Liebesfilm, Psychothriller: der Film bewegt sich mühelos durch erstaunlich zahlreiche Genres.
Dabei kann sich Gerster auf drei Darsteller stützen, die mit ihrer enormen Eigenwilligkeit an John Donnes berühmten Satz zweifeln lassen: „Niemand ist eine Insel.“ Riley, Martin und Farthing scheinen vielmehr tatsächlich insulare Existenzen zu führen, sie inszenieren drei Robinsonaden, die kongenial zu Gersters Einsichten in die menschliche Einsamkeit passen. „Islands“ ist nicht zuletzt dank seiner Akteure, und hier vor allem dank des herzzerreißend melancholischen Hauptdarstellers Sam Riley eine intensive Studie über die Grenzen der Selbstbestimmung, und am Ende lässt sie sogar Raum für ein wenig Hoffnung.
Der Film wurde federführend von der Kölner Firma Augenschein produziert und feierte seine Premiere im Februar auf der Berlinale.
Zum Kinostart am 8. Mai 2025 wird der Film in folgenden Kölner Kinos laufen:
Ein Tennislehrer auf Fuerteventura, der mehr dem Alkohol als dem Leben zugetan ist, eine zerrüttete Familie auf Urlaubsflucht und eine Insel, auf der selbst das Paradies nach Ausweg riecht – Jan-Ole Gerster kehrt mit Islands zurück, und obwohl diesmal alles international scheint, bleibt sein Kino ganz bei sich – lakonisch, klug und voller leiser Verzweiflung.
Von Frank Olbert.
Alle nennen ihn Ace, weil er mal ein Tennis-As war – nun aber schmerzt die Schulter. Deshalb arbeitet Tom dort, wo andere Leute Urlaub machen. Als Tennislehrer auf Fuerteventura ist er gut ausgebucht. „Sie lieben mich“, sagt er. Doch in Wahrheit führt er ein durch und durch entfremdetes Leben, aus dem er die Ödnis mit schnellem Sex und viel Alkohol zu vertreiben versucht – nachts in der Disco, die großspurig „Waikiki“ heißt. Selbst im Ferienparadies, so heißt es einmal, wünscht man sich woanders hin.
Ein echter Gerster
„Islands“ ist Jan-Ole Gersters dritter Spielfilm, nach „Oh Boy“ und „Lara“ mit Tom Schilling und Corinna Harfouch. Nun aber führt Sam Riley als Tom einen internationalen Cast an, dem unter anderen Stacy Martin und Jack Farthing angehören. Auch mit dem Schauplatz lässt Gerster Deutschland hinter sich, und doch ist „Islands“ unverkennbar sein Film – still, manchmal komisch, immer lebensklug und dabei voller Understatement.
Nicht allein die Insel-Disco träumt sich mit ihrem Namen von Fuerteventura fort, auch Tom selbst fantasiert sich im Laufe des Films in ein anderes Leben hinein, wobei das so beiläufig, ja fast unfreiwillig geschieht wie alles in diesen sonnigen Tagen zwischen Hotelpool, Tennisplatz und „Waikiki“. Tom ist keiner, der etwas anpackt – ihm stößt vielmehr alles Mögliche zu, und deshalb ist er ein geistiger Bruder von Niko, der sich in „Oh Boy“ durch Berlin treiben ließ, noch dazu in Schwarzweiß. Auf Furteventura ist die Szenerie zwar viel heller, aber auch Tom ist ein ratloser, trauriger Held.
Seine Chance scheint zu kommen, als Anne, Dave und Anton anreisen. Tom gibt Sohn Anton Tennisstunden, und die heillos zerstrittenen Eltern sind froh, als er ihnen Seiten der Insel jenseits des Hotelbunkers zeigt – was Gerster im Übrigen Gelegenheit für einige spektakuläre Landschaftsaufnahmen gibt. Auch, wenn Tom nur Augen für Anne hat.
Charakterstudie, Liebesfilm, Psychothriller
Mit der Begegnung zwischen Tennislehrer und Kleinfamilie beginnt ein subtiles Beziehungsdrama, in dem es nach dem überraschenden Verschwinden des leicht manisch angehauchten Vaters Dave nicht allein zu einem Rollentausch kommt – auch gelingt es Gerster, mit diesem Ereignis eine Art kriminalistisches Geheimnis zu verknüpfen, das „Islands“ eine untergründige Spannung verleiht. Charakterstudie, Liebesfilm, Psychothriller: der Film bewegt sich mühelos durch erstaunlich zahlreiche Genres.
Dabei kann sich Gerster auf drei Darsteller stützen, die mit ihrer enormen Eigenwilligkeit an John Donnes berühmten Satz zweifeln lassen: „Niemand ist eine Insel.“ Riley, Martin und Farthing scheinen vielmehr tatsächlich insulare Existenzen zu führen, sie inszenieren drei Robinsonaden, die kongenial zu Gersters Einsichten in die menschliche Einsamkeit passen. „Islands“ ist nicht zuletzt dank seiner Akteure, und hier vor allem dank des herzzerreißend melancholischen Hauptdarstellers Sam Riley eine intensive Studie über die Grenzen der Selbstbestimmung, und am Ende lässt sie sogar Raum für ein wenig Hoffnung.
Der Film wurde federführend von der Kölner Firma Augenschein produziert und feierte seine Premiere im Februar auf der Berlinale.
Zum Kinostart am 8. Mai 2025 wird der Film in folgenden Kölner Kinos laufen:
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