Festival Filmszene Aktuell

Interview: Zwischen Tanz, Film, VR und KI

Am 15. März startet das Moovy Tanzfilmfestival im Filmforum NRW. Dabei stehen nicht nur Filme auf dem Programm, sondern auch VR- und AR-Experiences. Das Festival verbindet dabei auf einzigartige Weise Kunst, Medien und Technologie. Wir sprachen mit Festivalleiterin Ágota Harmati über das Moovy-Festival, dass sie seit 2017 jährlich veranstaltet.

Werner Busch: Das Festival ist nicht nur an den Schnittstellen zwischen Tanz und Film angesiedelt, sondern bringt auch VR, AR und Installationen in einer Ausstellung zusammen. Außerdem gibt es Workshops und Symposien. Wer kommt bei Moovy zusammen?

Ágota Harmati, Foto: privat

Ágota Harmati: Jeder, der sich für Film, audiovisuelle Kunst oder moderne Technik im Kunstkontext interessiert, muss das Moovy Festival besuchen! Hier kommt ein aufgeschlossenes, interessiertes Publikum zusammen, außerdem Tänzer:innen, Choreograf:innen, Filmemacher:innen und Medienkünstler:innen, die gerne neue Erfahrungen sammeln möchten. 

Wie ist das Tanzfilmfestival in Köln entstanden? 

Es ist sehr wichtig, dass interdisziplinäre, experimentelle Formate Sichtbarkeit und eine Plattform erhalten, die nicht in die klassischen Formate oder Sparten-Schubladen passen. Ich habe schon lange mit Tanzfilmen und experimentellen, interdisziplinären Formaten gearbeitet, auch in anderen Ländern, unter anderem in Spanien und in Ungarn. Köln ist ein so lebendiger Ort für die Tanzszene und die Medienwelt, dass es einfach die perfekte Stadt für dieses Festival ist.

Der Eröffnungsfilm „Parque“ kommt aus Argentinien auf die Leinwand des Filmforum Kinos in Köln, Foto: Moovy

Wie entsteht das Filmprogramm des Festivals?

In jedem Jahr machen wir einen Call for Entries, bei dem über 1.000 Einreichungen aus aller Welt zusammenkommen. In diesem Jahr findet Moovy bereits zum achten Mal statt und ich habe im Lauf der Jahre ein weltweites Netzwerk ausgebaut. Das Festival hat eine große Strahlkraft für die Tanzfilmszene auch außerhalb der deutschen Grenzen gewonnen. Ich lege Wert darauf, dass nicht nur Künstler:innen aus Europa und Nordamerika vertreten sind, wie ich das oft im Bereich experimenteller Kunst sehe, sondern auch aus Asien, Afrika oder Südamerika. 

Bei dieser Ausgabe hat mich Christiane Hartter von der Filmsammlung des Deutschen Tanzarchiv Köln als Ko-Kuratorin unterstützt. Bei der Zusammenstellung der fünf Filmprogramme war es mir wichtig, dass jedes eine eigene ästhetische Ausprägung hat und die Zusammenstellung den Zuschauer:innen im Kino ein einmaliges Erlebnis bietet. Ich freue mich sehr, dass wir auch die Gelegenheit haben werden, mit einigen der Filmemacher:innen und Choreograf:innen der Filme live vor Ort sprechen zu können.

Gibt es in dieser großen Auswahl an kurzen Filmen einen oder mehrere, auf die du dich persönlich besonders freust? 

Es gibt wirklich viele tolle Filme in jedem Programm zu sehen. Für mich hat der Film „Shells“ aus Tschechien eine besondere Bedeutung, bei dem Marie-Magdalena Kochová Regie geführt hat, die  Choreografie stammt von Jarek Lambor. Der Film spielt im Aufzug eines Pflegeheims. Dieser kleine Raum wird zu einer Bühne, als ein alter Tänzer die Grenzen seines Körpers, seines Gedächtnisses und des Laufs der Zeit darin auslotet. Gefangen zwischen vier Wänden muss er sich der Hilflosigkeit seiner eigenen vergänglichen Körperhülle stellen. In der Hauptrolle ist Jan Minařík zu sehen, der Solist des Pina-Bausch-Theaters und der größte tschechische Tänzer des 20. Jahrhunderts. Jan Minařík machte den Film im Alter von 77 Jahren, er ist kurz nach den Dreharbeiten verstorben. Eine unglaublich berührende Arbeit.

Jan Minařík ist der Hauptdarsteller in dem tschechischen Film „Shells“. Der berühmte Solist des Pina-Bausch-Theaters verstarb kurz nach den Dreharbeiten. Foto: Moovy

Welche Kriterien waren dir bei den VR- und AR-Experiences wichtig in diesem Jahr? Welche neuen Möglichkeiten bieten sie gegenüber dem Film – sowohl für die Macher:innen, als auch die Festivalgäste, die diese Experiences erleben können?

VR und AR bieten an der Schnittstelle von Tanz und Medienkunst neue Möglichkeiten, besonders im Bereich Verkörperung. Wichtig waren für mich Arbeiten, die jenseits des bloßen Experimentierens mit den neuen Möglichkeiten, künstlerische Inhalte erschaffen haben, die in anderen Formaten nicht denkbar gewesen wären, die nur als VR oder AR möglich sind. Die Zuschauer:innen können diese Experiences teilweise auch beeinflussen oder steuern und werden somit ein Teil von ihr. 

Könntest du vielleicht ganz kurz etwas zu dir erzählen? Was ist dein Background und was fasziniert dich am Tanz und seinen multimedialen Ausdrucksformen?

Ich bin in Ungarn geboren und habe Kuration, Kunstgeschichte und Romanistik in Madrid, Köln und Berlin studiert. Seit einigen Jahren lebe ich in Köln und arbeite als Kuratorin an der Schnittstelle von Tanz, Film und digitalen Künsten. Mit dem Moovy Tanzfilmfestival möchte ich eine Präsentationsplattform für immersive Tanzproduktionen bieten, also für Virtual Reality, Augmented Reality und Mixed Reality. Ich bin von diesen neuen Technologien und ihren Möglichkeiten für künstlerische Ausdrucksformen begeistert und möchte mir ihrer Vermittlung durch dieses Festival, eine Plattform schaffen, die es vorher noch nicht gegeben hat. Ich möchte Zugänge zu neuen Inhalten und neuen Erfahrungen schaffen. Ich sehe es als einen ganz natürlichen Prozess, dass Kunst immer neue Ausdrucksformen sucht, denn unser Leben ist nicht statisch und deshalb brauchen wir neue, zeitgenössische Ausdrucksformen, mit denen wir uns identifizieren können. 

Interview: Werner Busch
Titelbild: Filmstill „The Beatles – Here, There and Everywhere“, Foto: Moovy

Die interaktive VR-Experience „Dancing Audience“ gehört zum Ausstellungsprogramm in der TanzFaktur Deutz. Foto: Moovy


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